Reisekostenentschädigung für mittellose Angeklagte/Zeugen

Erstattung der Reisekosten in Zivilverfahren (Sozialgericht/Verwaltungsgericht) und Strafverfahren für mittellose Angeklagte (zB. ALG-II Empfänger) und bei der Polizei als Zeuge geladene (mittellose) Personen
(wird derzeit bearbeitet und noch ergänzt (11.12.2019), Ergänzungen/Fehler: rechtsmeister@yahoo.de)

Übersicht:

1. Erstattung der Reisekosten in Zivilverfahren (Sozialgericht/Verwaltungsgericht) für mittellose Angeklagte

2. Erstattung der Reisekosten in Strafverfahren für mittellose Angeklagte

3. Die Erstattung der Reisekosten muss gemäss der VwV-Reisekostenentschädigung und dem deutschen Bundestag innerhalb von 3 Monaten nach dem Termin und gemäss diverser OLG-Entscheidungen innerhalb von mehren Wochen nach dem Termin beantragt werden. Gemäss dem LG-Coburg muss umgekehrt sogar die Erstattung der  “Reisekostenentschädigung” vor dem Ereignis/Termin erfolgt sein, weil man sonst seinen Anspruch automatisch verliert. Zu den Reisekosten zählende Hotelkosten sollen aber gemäss dem LG-Coburg erst nachträglich erstattet werden obwohl man den Anspruch damit automatisch verloren hat.

4. Vom LG-Coburg üblicher rechtlicher Schwachsinn bzw. Rechtsbeugung für mittellose Menschen, die aber nicht unbeachtet werden darf, da man sonst zumindest im Gerichtsbezirk Coburg und evtl. Bamberg seine Ansprüche verliert:
Der Präsident Dr. Tschanett: “Das OLG-Bamberg soll somit zu dem angestrebten Ziel einer bürgerfreundlichen und bürgernahen Justiz beitragen.“
Das was dort geschieht hat nichts mehr mit Rechtssprechung zu tun.

5. Umfang der Reisekostenentschädigung

6. Reiseentschädigungsverfahren für mittellose Personen brauchen nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden (letztlich niemals) und sind von §198 GVG und Artikel 19 Abs. 4 GG ausgenommen (OLG-Bamberg 8 EK 51/15 vom 11.11.2015, OLG-Bamberg 8EK2/19 vom 15.04.2019 (noch einmal bestätigt am 07.05.2019)) und eine entsprechende Verfassungsbeschwerde ist unzulässig (Bayrischer Verfassungsgerichtshof  Vf. 85-VI-15 vom 10.06.2016). (In einem Fall ist zB. nach über 40 Beschwerden/Rechtmitteln in über 5 Jahren noch keine Erstattung erfolgt mit vielen weiteren durchgeführten Rechtsbeugungen und Bürgerveraschungen am LG-Coburg/OLG-Bamberg und beim Landesjustizministerium bei Prof. Dr. Winfried Bausback und Georg Eisenreich).
Gemäss dem OLG Naumburg, Beschl. v. 15.08.2012 – 4 WF 85/12 g muss eine Reisekostenentschädigungzahlung an mittellose Personen zügig erfolgen.

7. Es gibt auch die Möglichkeit einen Reisekostenvorschuss vor dem Termin zu beantragen, wenn man die Reisekosten nicht vorstrecken kann aber dann sollen grundsätzlich nur Fahrkarten für die 2te Wagenklasse der Deutschen Bundesbahn bzw. für öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung gestellt werden.

8. Eine abweisende Entscheidung über einen entsprechenden Antrag soll sorgfältig begründet sein und es ist stets eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen.

9. Erstattung von Reisekosten bei Vorladungen bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft

10. Rechtsmittel

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Sonderfall Bayern:
http://blog.justizfreund.de/?p=11460

Das OLG-Bamberg hat nun entschieden, dass Reisekostenentschädigungsanträge von mittellosen Personen als rechtlose Untermenschen niemals bearbeitet werden brauchen (vorliegend wurde eine Bearbeitungsdauer von über 5 Jahren nach dem Termin moniert). Das gilt auch für Reisekostenvorschüsse gemäß der Reisekostenentschädigungsverordnung für mittellose Personen. Bestätigt wurde die Richtigkeit der Entscheidung bisher 4 mal am OLG-Bamberg von über 4 Richtern:

OLG-Bamberg 8EK2/19 vom 15.04.2019 (noch einmal bestätigt am 07.05.2019):
Der Senat weist insoweit auf die dem Antragsteller bekannte, ausführlich begründete Entscheidung des Senats vom 11.11.2015,Az.8EK51/15, über seinen Prozesskostenhilfeantrag vom 21.10.2015 hin. An der dort dargelegten Rechtslage hat sich nichts geändert.Der Senat hat in diesem Beschluss ausgeführt, dass das Verfahren zur Gewährung von Reisekosten nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über die „Gewährung von Reisentschädigungen“ [Anm.: Diese Verordnung regelt die Reiseentschädigungen und deren Vorschußzahlungen Reiseentschädigungsbekanntmachung – ReiBek] nicht dem Anwendungsbereich des § 198GVG unterfällt.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist hierin nicht zu sehen, eben sowenig eine Verletzung (sonstiger) Grund- und Menschenrechte, wie der Antragsteller aber erneut moniert.
Richter Matthias Burghardt, Richter Leander Brößler, Richter Karl Schommartz, Richterin Claudia Kahnke

Richterin Ulrike Barausch, LG-Coburg:
„Ihre Eingaben sind nicht zu bearbeiten oder automatisiert abzuweisen, wie es meine Kollegen auch alle machen!“.„Es liegt nur an Ihren rechtlichen Wahnvorstellungen, wenn Sie glauben, dass über Ihren Antrag entschieden werden muß!“

Eine Reisekostenvorschuß für die Teilnahme einer mittellosen Person an einem Gerichtstermin braucht gemäß der Richter am OLG-Bamberg also auch nach 5 Jahren nach dem Termin noch nicht bearbeitet worden zu sein.
Gemäß vieler Entscheidungen des AG-Coburg und des LG-Coburg verliert man seinen Anspruch auf Reiseentschädigung automatisch, wenn einem die Reiseentschädigung bzw. der Vorschuß nicht bis zum Termin ausgezahlt worden ist z.B.:

Amtsgericht AG-Coburg Az.: 3 Cs 111 Js 2087/18 vom 11.04.2019, Richterin Melanie Krapf:
“Die Anträge des Angeklagten vom 19.11.2018 auf Gewährung von Tagegeld und vom 04.12.2018 auf Gewährung von Reisekosten werden abgelehnt.
… Hierbei ist Sinn und Zweck der Reiseentschädigung zu beachten: Diese soll die An- und Abreise zum Hauptverhandlungstermin sichern. Dieser hat jedoch bereits stattgefunden, sodass der Zweck, den der Vorschuss auf die Reiseentschädigung verfolgt, bereits entfallen ist.”

Die vorstehende  Entscheidung von Richterin Krapf  wurde vom Leitenden OStA Bernhard Lieb (StA Coburg 110 Js 7243/19 vom 05.10.2019) und von OStA Köhler (GStA-Bamberg 140 Zs 883/19 vom 15.10.2019) als richtig dergestalt bestätigt, dass es nach der erstinstanzlichen Veruteilung keine Reiseentschädigung mehr gibt auch Unabhängig davon ob die Entscheidung überhaupt Rechtkräftig ist.

StA Coburg 110 Js 7243/19 vom 05.10.2019, Leitender Staatsanwalt Bernhard Lieb:
…Mit zutreffender Begründung wurden die ursprünglichen Anträge des Anzeigeerstatters vom 19.11.2018 und 04.12.2018 auf Gewährung von Tagegeld bzw. von Reisekosten abgelehnt, da die Hauptverhandlung bereits am 03.12.2018 stattgefunden hatte und ihm für die Anreise auf seinen Antrag vom 05.11.2018 hin mit Beschluss vom 09.11.2018 wegen dargelegter Mittellosigkeit Reiseentschädigung in Form eines Fahrkartengutscheins gewährt worden war. Die Entscheidung über die Bewilligung eines Tagesgeldes wurde von Ri’inAG Krapf zunächst zurückgestellt. Mit Beschluss vom 11.04.2019 konnte dieser Antrag abgelehnt werden, weil zwischenzeitlich eine Verurteilung des Angeklagten erfolgt war [Anm. : Die Verurteilung erfolgte bereits am 03.12.2018, so dass keine Ansprüche auf Rückreisekosten mehr bestanden und Ansprüche die Anreise für einen Berufungstermin ohnhin nicht mehr] und dieser damit auch die Kosten des Verfahrens zu tragen hatte, zu denen auch das Tagegeld und Reisekosten gehören.
Der Beschluss vom 11.04.2019 entsprach der Sach- und Rechtslage und ist daher nicht zu beanstanden.

Wie sichert denn nun die Reiseentschädigung bzw. der Reisekostenvorschuß für mittellose Personen die An- und Abreise zu einem Gerichtstermin, wenn man sich gemäß dem OLG-Bamberg mehr als 5 Jahre für die Bearbeitung des Antrags nach dem Termin Zeit lassen darf und der Anspruch nach dem Termin oder nach einer Verurteilung automatisch erloschen ist?

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Für den Nachweis der Mittellosigkeit am besten: PKH-Antrag ausfüllen oder auf jeden Fall eine Kopie des ALG-II Bescheid beifügen.

Entwurf eines Formulars für Reiseentschädigungen an mittellose Personen

reisekostenantrag_mittellose_person


Erstattung der Reisekosten in Zivilverfahren (Sozialgericht/Verwaltungsgericht) für mittellose Angeklagte

Wenn in Zivilverfahren PKH bzw. VKH bewilligt wurde, dann gelten etwa die gleichen Rechte wie in Strafverfahren allerdings ist gemäss dem OLG Dresden (Beschluss vom 6. Dezember 2013 – 20 WF 1161/13) die Reisekostenentschädigungsverordnung dann nicht anwendbar: https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/proezsskostenhilfe-und-die-reisekosten-der-partei-382499
Gemäss dem OLG-Dresden kann die Reisekostenentschädigungsverordnung dann anwendbar sein, wenn keine PKH/VKH bewilligt worden ist.

OLG Dresden, Beschl. v. 06.12.2013 – 20 WF 1161/13
“Legt die Partei trotz bewilligter Verfahrenskostenhilfe notwendige Reisekosten aus eigenen Mitteln vor, muss sie ihre Aufwendungen innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem wahrgenommenen Termin gegenüber der Staatskasse abrechnen, weil sonst eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die Partei trotz ihrer Bedürftigkeit im Übrigen zur Aufbringung der Reisekosten selbst in der Lage gewesen ist.
Ein Zeitraum von 20 Monaten zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung der Kosten und deren Abrechnung ist grundsätzlich nicht mehr angemessen und schließt eine Kostenerstattung daher aus. Richtig ist jedoch auch, dass die VKH-berechtigte Partei sich dennoch nicht beliebig viel Zeit mit ihrem Erstattungsantrag lassen darf.”

OVG NRW 21 A 3069/96.A vom 01.11.1999
Die Entscheidung über die hier beantragte Bewilligung von Fahrtkosten zur mündlichen Verhandlung beruht auf einer rechtsähnlichen Anwendung der Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (§ 166 VwGO iVm §§ 114 ff. ZPO), vgl. dazu u.a. OVG NW, Beschlüsse vom 1. Oktober 1992 – 8 A 39/91 -, m.w.N. und vom 21. August 1995 – 8 B 1903/95 -, m.w.N.
Aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet, ergibt sich, daß es geboten ist, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gerichten ermöglichen. Dementsprechend sind einer mittellosen Partei – angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsnorm – in rechtsähnlicher Anwendung der Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe, die nach ihrem Wortlaut auch im Falle der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe keinen Anspruch auf Reisekostenentschädigung für die mittellose Prozeßpartei vorsehen, auf besonderen Antrag Mittel für die Reise zum Ort der Verhandlung und für die Rückreise jedenfalls dann zu gewähren, wenn das persönliche Erscheinen zum gerichtlichen Termin angeordnet worden ist,vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 25. April 1985 – 12 B 84 A.1298 -, BayVBl. 1985, 438 f.; OVG NW, Beschluß vom 1. Oktober 1992 – 8 A 39/91 -, m.w.N.; Beschluß vom 21. August 1995 – 8 B 1903/95 -,oder die Terminswahrnehmung durch die Partei sonst erforderlich erscheint. Vgl. OVG NW, Beschluß vom 3. August 1988 – 8 A 2368/87 – m.w.N.; Beschluß vom 29. April 1993 – 8 A 2730/92 -.

BGH in NJW 1975, 1124
Auf die Bewilligung der Reisekosten sind somit, was auch angemessen erscheint, die Vorschriften der §§ 114 ff ZPO einschließlich der Nachzahlungspflicht (§ 125 ZPO) und des Beschwerderechts (§ 127 ZPO) anzuwenden.

OVG NRW 21 A 3069/96.A vom 01.11.1999
…Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Reisekosten liegen vor. Die Kläger sind nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Lebensunterhalts nicht in der Lage, die Fahrtkosten zu bestreiten; denn sie beziehen ausweislich der vorgelegten Unterlagen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz in regelsatzmäßiger Höhe. …

Kein Anspruch eines Beteiligten auf Ersatz von Fahrtkosten für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ohne (vorherige oder nachträgliche) Anordnung seines persönlichen Erscheinens SG Karlsruhe 16.12.2015 S1SF4121/15E

Vorstehendes soll auch vor dem Verwaltungsgericht gelten:
Reisekosten für mittellose Personen
Neben dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe können mittellose Personen auch einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für die Anreise zu dem Ort eines vom Gericht festgesetzten Termins und für die Rückreise beantragen. Voraussetzung für die Gewährung von Reisekosten ist, dass die Mittellosigkeit glaubhaft gemacht wird und das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet oder sonst erforderlich erscheint. Hierüber entscheidet das Verwaltungsgericht.
https://www.verwaltungsgericht-lueneburg.niedersachsen.de/verwaltungsgerichtsbarkeit/prozesskostenhilfe_reisekosten/prozesskostenhilfe–reisekosten-mittelloser-personen-104070.html

In Zivilverfahren (ausser Sozialgerichtsverfahren/Verwaltungsgerichtsverfahren) sind auch Reisekosten der Partei erstattungsfährig, wenn das persönliche Erscheinen nicht angeordnet worden ist (Thüringer OLG, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 1 W 136/15):
Durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin veranlasste Reisekosten einer Partei sind grundsätzlich erstattungsfähig, gleich ob sie anwaltlich vertreten oder ihr persönliches Erscheinen angeordnet ist, es sich um einen Verhandlungstermin oder um einen Beweisaufnahmetermin handelt

Fahrtkostenerstattung für die ärztliche Begutachtung (LSG-Baden Württemberg) muss innerhalb von 3 Monaten nach dem (letzten) Termin geltend gemacht werden:
In seiner Entscheidung verweist das Landessozialgericht Baden-Württemberg auf § 191 SGG, wonach einem Beteiligten auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet werden, wenn sein persönliches Erscheinen – wie hier anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen – angeordnet worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; die Frist beginnt im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit „Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung“.
Die Frist von drei Monaten beginnt hier konkret mit der Beendigung der Untersuchung beim jeweiligen Sachverständigen, hier also spätestens mit der Abschlussbesprechung am 20. September 2011, denn damit ist die konkrete Maßnahme, zu der das persönliche Erscheinen angeordnet worden war, beendet.


2. Erstattung der Reisekosten in Strafverfahren für mittellose Angeklagte

Beschuldigte in Ermittlungsverfahren und Angeklagte in einem gerichtlichen Strafverfahren können einen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten haben.

(Das gilt auch für Reisekosten zB. für psychologische Untersuchungen innerhalb eines Strafverfahrens zu denen man vom Gericht geschickt wird.)
Voraussetzung ist, dass sie als mittellos gelten und die Kosten für die Anreise/Rückreise zum Ort einer Vernehmung oder zum Gericht, an dem die Hauptverhandlung stattfindet, nicht aufbringen können.
Die Ansprüche sind bundesweit als Gleichbehandlungsgrundlage in der  Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) geregelt, die bundesweit ebenfalls in  Verwaltungsvorschriften der Länder übernommen worden sind.

Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung)
1.1.1 Die Reiseentschädigung wird durch die für den Erlass der Auszahlungsanordnung zuständige Anweisungsstelle zur Zahlung angewiesen.
1.1.2 Die Reiseentschädigung ist so zu bemessen, dass sie die notwendigen Kosten der Hin- und Rückreise deckt. Zu den Reisekosten gehören entsprechend den Vorschriften des JVEG neben den Fahrtkosten gegebenenfalls auch unvermeidbare Tagegelder (entsprechend § 6 Abs. 1 JVEG) und Übernachtungskosten (entsprechend § 6 Abs. 2 JVEG), ferner gegebenenfalls Reisekosten für eine notwendige Begleitperson sowie Kosten für eine notwendige Vertretung (entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). …

Eine Verwaltungsvorschrift ist allerdings keine gesetzliche Regelung wie zB. ein Gesetz, welches eine gerichtliche Bindungswirkung hat.
Der Anspruch folgt jedoch aus den Grund- und Menschenrechten (Gesetze) wobei man sich auf die Verwaltungsvorschrift mit einer Bindungswirkung gegenüber der Verwaltung aber berufen kann, da diese die Gleichbehandlung gemäss Artikel 3 Abs. 1 GG sicherstellen soll.
Ein Abweichen von der Verwaltungsvorschrift muss dann grundsätzlich am Massstab der Grund- und Menschenrechte begründet werden:
“Eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, dass Verwaltungsvorschriften keine Außenwirkung entfalten, entsteht durch den der Verwaltung obliegenden Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, der in Art. 3 Abs. 1 GG verankert ist. Liegen die Voraussetzungen vor, hat der außerhalb der Verwaltung stehende Bürger einen Anspruch auf das betreffende – in den Verwaltungsvorschriften vorgeschriebene – Verhalten der Verwaltung. Durch die tatsächliche ständige Übung (Verwaltungspraxis) entfalten die Verwaltungsvorschriften insofern faktisch eine Außenwirkung.”
http://www.anwalt24.de/rund-ums-recht/Verwaltungsvorschrift-d165651.html

OVG NRW 21 A 3069/96.A vom 01.11.1999
Die Entscheidung über die hier beantragte Bewilligung von Fahrtkosten zur mündlichen Verhandlung beruht auf einer rechtsähnlichen Anwendung der Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe (§ 166 VwGO iVm §§ 114 ff. ZPO), vgl. dazu u.a. OVG NW, Beschlüsse vom 1. Oktober 1992 – 8 A 39/91 -, m.w.N. und vom 21. August 1995 – 8 B 1903/95 -, m.w.N.
Aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet, ergibt sich, daß es geboten ist, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gerichten ermöglichen. Dementsprechend sind einer mittellosen Partei – angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsnorm – in rechtsähnlicher Anwendung der Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe, die nach ihrem Wortlaut auch im Falle der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe keinen Anspruch auf Reisekostenentschädigung für die mittellose Prozeßpartei vorsehen, auf besonderen Antrag Mittel für die Reise zum Ort der Verhandlung und für die Rückreise jedenfalls dann zu gewähren, wenn das persönliche Erscheinen zum gerichtlichen Termin angeordnet worden ist,vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 25. April 1985 – 12 B 84 A.1298 -, BayVBl. 1985, 438 f.; OVG NW, Beschluß vom 1. Oktober 1992 – 8 A 39/91 -, m.w.N.; Beschluß vom 21. August 1995 – 8 B 1903/95 -,oder die Terminswahrnehmung durch die Partei sonst erforderlich erscheint. Vgl. OVG NW, Beschluß vom 3. August 1988 – 8 A 2368/87 – m.w.N.; Beschluß vom 29. April 1993 – 8 A 2730/92 -.

BGH in NJW 1975, 1124
Auf die Bewilligung der Reisekosten sind somit, was auch angemessen erscheint, die Vorschriften der §§ 114 ff ZPO einschließlich der Nachzahlungspflicht (§ 125 ZPO) und des Beschwerderechts (§ 127 ZPO) anzuwenden.

Gemäß dem Deutschen Bundestag ist in Strafverfahren wegen der Versagung von entsprechenden Reiseentschädigungen Beschwerde gemäß §304 ff StPO einzulegen.

Danach gilt als mittellos, wer nicht in der Lage ist, die erforderlichen Kosten für die Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
Das ist zB. dann der Fall wenn man ALG II Empfänger ist und einem darüber hinaus keine weiteren Mittel zur Verfügung stehen.

OVG NRW 21 A 3069/96.A vom 01.11.1999
…Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Reisekosten liegen vor. Die Kläger sind nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Lebensunterhalts nicht in der Lage, die Fahrtkosten zu bestreiten; denn sie beziehen ausweislich der vorgelegten Unterlagen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz in regelsatzmäßiger Höhe. …

Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören auch die Kosten der Anreise in einem PKW auch des mittellosen Angeklagten (LG-Coburg 2 Ns 123 Js 10673), denn gemäss Nr. 1.1.2 VwV erfolgt die Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach den Vorschriften des JVEG:
“a) Zu den erstattungsfähigen Auslagen des Freigesprochenen gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Fahrten zu den Verhandlungsterminen im eigenen Kraftfahrzeug (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 464a Rn. 15 m.w.N.)” OLG Celle, Beschl. v. 14.09.2012 – 1 Ws 360/12


3. Die Erstattung der Reisekosten muss gemäss der VwV-Reisekostenentschädigung und dem deutschen Bundestag innerhalb von 3 Monaten nach dem Termin und gemäss diverser OLG-Entscheidungen innerhalb von mehren Wochen nach dem Termin beantragt werden. Gemäss dem LG-Coburg muss umgekehrt sogar die Erstattung der  “Reisekostenentschädigung” vor dem Ereignis/Termin erfolgt sein, weil man sonst seinen Anspruch automatisch verliert.

Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung)
1.3 Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht wird.

Bundestag, Oberamtsrätin Christa Reuther, vorzimmer.pet4@bundestag.de Referat Pet 4 BMAS (Arb.), BMJV, BMZ, 11011 Berlin Fax: 4-49 30 227-36911 Reisekostenentschädigung: Pet 4-18-07-36-028633:
“…, auf der Grundlage einer aktuellen Stellungnahme der Bundesregierung umfassend geprüft. Er ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: Der Anspruch kann auch noch bis zu drei Monate nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht werden.“

OLG Dresden, Beschl. v. 06.12.2013 – 20 WF 1161/13
“Legt die Partei trotz bewilligter Verfahrenskostenhilfe notwendige Reisekosten aus eigenen Mitteln vor, muss sie ihre Aufwendungen innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem wahrgenommenen Termin gegenüber der Staatskasse abrechnen, weil sonst eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die Partei trotz ihrer Bedürftigkeit im Übrigen zur Aufbringung der Reisekosten selbst in der Lage gewesen ist.
Ein Zeitraum von 20 Monaten zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung der Kosten und deren Abrechnung ist grundsätzlich nicht mehr angemessen und schließt eine Kostenerstattung daher aus. Richtig ist jedoch auch, dass die VKH-berechtigte Partei sich dennoch nicht beliebig viel Zeit mit ihrem Erstattungsantrag lassen darf.”

OLG Naumburg, Beschl. v. 15.08.2012 – 4 WF 85/12 g
“…sondern eine direkte Zahlung an sich begehrt und deshalb – auch um Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen – ein besonderes Bedürfnis an einer zeitnahen Überprüfung der beantragten Erstattung besteht. Daneben spricht aber auch ein erst längere Zeit nach dem Termin beantragtes Erstattungsgesuch, wie das Amtsgericht Magdeburg zutreffend in seinem Beschluss vom 08. Juni 2012 ausgeführt hat, in tatsächlicher Hinsicht gegen die Mittellosigkeit der Partei und deren Angewiesensein auf eine solche Erstattung. In der Rechtsprechung wird deshalb zutreffender Weise eine Reisekostenerstattung bereits dann versagt, wenn, wie dies hier der Fall ist, zwischen Termin und Erstattungsantrag mehrere Wochen liegen (OLG Naumburg, Beschluss vom 18. Januar 2008, Az.: 8 WF 11/08).”

LAG Düsseldorf · Beschluss vom 13. Juni 2005 · Az. 16 Ta 181/05
Reisekosten sind in derartigen Fällen einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt und deren persönliches Erscheinen zum Gerichtstermin angeordnet worden ist, mit der herrschenden Meinung auch dann zu erstatten, wenn die Partei einen entsprechenden Erstattungsantrag nicht bereits vor dem Termin gestellt hatte (ebenso OLG Düsseldorf vom 19.03.1991, MDR 1991, 679; Brandenburgisches OLG vom 20.07.1995, JurBüro 1996, 142 bei alsbaldiger Antragstellung; OLG Rostock vom 10.02.2003, FamRZ 2003, 1396; Zöller/Philippi, a. a. O.).

Auch in Sozialgerichtsverfahren beträgt die Frist 3 Monate nach dem Termin:
Fahrtkostenerstattung für die ärztliche Begutachtung (LSG-Baden Württemberg)
In seiner Entscheidung verweist das Landessozialgericht Baden-Württemberg auf § 191 SGG, wonach einem Beteiligten auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet werden, wenn sein persönliches Erscheinen – wie hier anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen – angeordnet worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; die Frist beginnt im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit „Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung“.

Coburger und Bamberger Recht:

Gemäß der Richter und Justizangestellter in Coburg und Bamberg ist der Anspruch desjenigen auf die Reiseentschädigung aber bereits automatisch erloschen, der den Antrag innerhalb der 3 Monate nach dem Termin stellt, weil er den Antrag bis zum Termin stellen muß zB.:

AG-Coburg: 3 Cs 111 Js 2087/18
„Zusatz: Ein Formular zur Reisekostenentschädigung existiert nicht. Reisekostenentschädigung kann vor dem Termin formlos unter Beigabe der entsprechenden Nachweise über die Leistungsfähigkeit beim Amtsgericht Coburg beantragt werden.“

Erfolgt die Auszahlung der Reiseentschädigung nicht vor dem Termin, dann sind die Ansprüche automatisch erloschen gemäss dem Sinn und Zweck der Reisekentschädigung:

Amtsgericht AG-Coburg Az.: 3 Cs 111 Js 2087/18, Richterin Melanie Krapf:
„Die Anträge des Angeklagten vom 19.11.2018 auf Gewährung von Tagegeld und vom 04.12.2018 auf Gewährung von Reisekosten werden abgelehnt.
… Hierbei ist Sinn und Zweck der Reiseentschädigung zu beachten: Diese soll die An- und Abreise zum Hauptverhandlungstermin sichern. Dieser hat jedoch bereits stattgefunden, sodass der Zweck, den der Vorschuss auf die Reiseentschädigung verfolgt, bereits entfallen ist.“

LG-Coburg 2 Qs 42/16 vom 18.05.2016, Richterin Ulrike Barausch:
„Der Angeklagte ist zur Hauptverhandlung am 12.03.2014 von seinem Wohnort xxxxxx nach Coburg angereist und hat an der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Coburg teilgenommen, ohne dass ihm zuvor die Kosten der Reise verauslagt worden sind. …Ein Erstattungsanspruch ist somit nicht gegeben.“

 

4. Vom LG-Coburg üblicher rechtlicher Schwachsinn bzw. Rechtsbeugung, die aber nicht unbeachtet werden darf, da man sonst zumindest im Gerichtsbezirk Coburg und evtl. Bamberg seine Ansprüche verliert:

Gemäss Richterin Barausch vom LG-Coburg (LG-Coburg 2 Qs 42/16 vom 18.05.2016) beträgt die Frist für die Geltendmachung der Reisekosten weniger wie Null Tage, denn es muss die Reisekostenentschädigung vorher an den Antragsteller ausgezahlt worden sein, weil die Reise zuvor nicht stattfinden darf. Zuvor hatte Richterin Melanie Krapf vom AG-Coburg den Reisekostenentschädigungsantrag bereits in richterlicher fachlicher Inkompetenz abgewiesen.
Wenn die Bearbeitung eines entsprechendes Antrags für die Rückreisekostenentschädigung wie am LG-Coburg 2 Jahre dauert, dann muss man gemäss dem LG-Coburg 2 Jahre in Coburg bleiben, da man den Anspruch verliert sobald man die Reise tätigt auch wenn man sich das Geld für die Rückreise geliehen hat.
Erhält man das Geld gemäss dem Landgericht Coburg für die Hinreise nicht bis zum Termin und reist nicht an, dann wird man letztlich polizeilich verhaftet und vorgeführt, der Einspruch gegen einen Strafbefehl verworfen oder die Berufung verworfen. Reist man dennoch an, dann verliert man automatisch sämtliche Reiseentschädigungsansprüche auch wenn man sich als ALG II Empfänger etc. das Geld für die Reise geliehen hat, entscheidend ist allein, dass die Reise erfolgt ist:
LG-Coburg 2 Qs 42/16 vom 18.05.2016 (Eine Hartz4 Bescheinigung wurde vorgelegt und es wurde mit einem Beweisantrag vorgetragen, dass das geliehene Geld an die Leiherin noch nicht zurückgezahlt worden ist):
Richterin Barausch:
“Der Angeklagte ist zur Hauptverhandlung am 12.03.2014 von seinem Wohnort xxxxxx nach Coburg angereist und hat an der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Coburg teilgenommen, ohne dass ihm zuvor die Kosten der Reise verauslagt worden sind. Dies belegt, dass er in der Lage war, die Reisekosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Ein Erstattungsanspruch ist somit nicht gegeben.”

Wenn man also folgende Bewilligung erhält, dann muss man zwangsweise dennoch auf eine Vorauszahlung bestehen:

Amtsgericht Coburg – Zentrale Anweisungsstelle der Coburger Justizbehörden 2 Ns 123 Js 10673/12 – Landgericht Coburg12.1.2015
“…Ebenfalls werden Ihnen die Kosten einer Übernachtung genehmigt, sodass Sie schon am Montag, 09.02.2015 anreisen können. Bitte suchen Sie sich in Coburg eine entsprechende Übernachtungsmöglichkeit und achten Sie darauf, dass die Kosten im Rahmen von ca. 70.- € liegen und diesen nicht übersteigen. Die von Ihnen bezahlte Hotelrechnung legen Sie dann bitte dem Gericht, zur Abrechnung an Sie, im Original vor. Weiter wird um Angabe Ihrer Kontoverbindung in IBAN und BIC gebeten.”
Rechtspflegerin

Es ist gemäss Richterin Barausch auch nicht möglich, dass man übernachtet und nichts bezahlt und dann die Rechnung zur Erstattung bei Gericht vorlegt, weil die Übernachtung erfolgt ist. Sobald die Reise oder die Übernachtung erfolgt ist, ist ein Erstattungsanspruch gemäss dem LG-Coburg  nicht mehr gegeben, egal ob man etwas bezahlt hat oder nicht:
Richterin Barausch:
“…, ohne dass ihm zuvor die Kosten der Reise verauslagt worden sind. Dies belegt, dass er in der Lage war, die Reisekosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten.”.

Vorstehendes stellt jedoch einen erheblichen Verstoss gegen die Grund- und Menschenrechte und gegen das Willkürverbot dar (BVerfG 2 BvR 813/99 Rn 8).
Richterin Barausch zählt in Coburg als erfahrener Richterprofi (inFranken.de 01.05.2011).
Ein erfahrener Profi in der vorsätzlichen Verletzung von Grund- und Menschenrechten könnte ich mir vorstellen. Aber wenn sie dort als “erfahrener Profi” zählt, dann kann man sich nicht einmal im Ansatz vorstellen welches unterirdische Recht einen dort insgesamt erwartet.


5. Umfang der Reisekostenerstattung.

Die Kostenerstattung erfolgt bezügl. des Umfangs den Vorschriften des JVEG:

1.1.2 Die Reiseentschädigung ist so zu bemessen, dass sie die notwendigen Kosten der Hin- und Rückreise deckt. Zu den Reisekosten gehören entsprechend den Vorschriften des JVEG neben den Fahrtkosten gegebenenfalls auch unvermeidbare Tagegelder (entsprechend § 6 Abs. 1 JVEG) und Übernachtungskosten (entsprechend § 6 Abs. 2 JVEG), ferner gegebenenfalls Reisekosten für eine notwendige Begleitperson sowie Kosten für eine notwendige Vertretung (entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Eine Erstattung von Verdienstausfall kommt nicht in Betracht.

Der Gesetzgeber hat mit § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit dem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zum gerichtlich festgesetzten Termin anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels. Voraussetzung ist immer, dass die durchgeführte Fahrt auch objektiv notwendig war, um den gerichtlich angeordneten Termin wahr zu nehmen.
LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

5a. Soweit die Reise nicht in der Zeit von 6 Uhr bis 21/24 Uhr stattfinden kann sind grundsätzlich auch Hotelkosten Erstattungsfähig:

Einer Partei kann nicht abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendigen Reisen zur Nachtzeit zu beginnen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr anzusehen. Sofern zur pünktlichen Anreise zu einem Gerichtstermin ein Reisebeginn vor 6.00 Uhr morgens erforderlich wäre, sind daher Hotelübernachtungskosten erstattungsfähige Kosten des Rechtsstreits. Als Übernachtungskosten sind in den Großstädten des Oberlandesgerichtsbezirks Karlsruhe höchstens 75 € je Nacht als notwendige Kosten erstattungsfähig, so das Oberlandesgericht Karlsruhe 2003.  http://www.rechtsanwaltdrpalm.de/reise.htm

Von einer objektiven Notwendigkeit ist dann auszugehen, wenn dem Beteiligten die An- bzw. Rückreise zu dem gerichtlich angeordneten Termin nicht am selben Tag mehr möglich im Sinn von zumutbar ist.
Bei der Bestimmung des Zumutbaren orientiert sich der Senat an den Vollzugsvorschriften zum BRKG. So gibt Ziff. 3.1.4. Satz 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (BRKGVwV) des Bundesministerium des Innern vom 01.06.2005, Az.: D I 5 – 222 101 – 1/16, Folgendes vor:
„Grundsätzlich sollen Dienstreisen nicht vor 6 Uhr anzutreten und nicht nach 24 Uhr zu beenden sein.“
„Übernachtungskosten sind als notwendig anzusehen, wenn ein Betrag von 60 Euro nicht überschritten wird. Übersteigen die Übernachtungskosten diesen Betrag, ist deren Notwendigkeit im Einzelfall zu begründen.“
Diese größere Zurückhaltung begründet sich damit, dass der in den BRKGVwV als notwendig fingierte Betrag von 60,- € für eine Übernachtung auf bundesweiten Durchschnittszahlen beruht und die regionalen Gegebenheiten weitgehend unberücksichtigt lässt.
Ausnahmen siehe: LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

Amtsgericht Coburg – Zentrale Anweisungsstelle der Coburger Justizbehörden 2 Ns 123 Js 10673/12 – Landgericht Coburg 12.01.2015
“…Ebenfalls werden Ihnen die Kosten einer Übernachtung genehmigt, sodass Sie schon am Montag, 09.02.2015 anreisen können. Bitte suchen Sie sich in Coburg eine entsprechende Übernachtungsmöglichkeit und achten Sie darauf, dass die Kosten im Rahmen von ca. 70.- € liegen und diesen nicht übersteigen. Die von Ihnen bezahlte Hotelrechnung legen Sie dann bitte dem Gericht, zur Abrechnung an Sie, im Original vor. Weiter wird um Angabe Ihrer Kontoverbindung in IBAN und BIC gebeten.”

Landgericht Berlin ? vom 28.08.2014:
„Da er hiervon die An- und Abreisekosten sowie eine Übernachtung nach Berlin zur Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht tragen kann, waren ihm auf seinen Antrag, den er nach der Hauptverhandlung am 26.08.2014 mündlich vor der Kammer stellte, die o.g. genannten Reiseentschädigungen… durch das Gericht zu gewähren.”
http://dost-rechtsanwalt.de/wp-content/uploads/2014/09/Beschluss-Reisekosten.pdf

Ist eine auswärtige Übernachtung notwendig, wird gemäß § 6 Abs. 2 JVEG ein Übernachtungsgeld nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) gewährt. Die Übernachtungskosten sind als die reinen Kosten der Übernachtung zu verstehen. Ein etwaiges von den Kosten mitumfasstes Essen (insbesondere Frühstück) zählt nicht zu den Übernachtungskosten im Sinn des § 7 BRKG; der diesbezügliche Kostenanteil ist herauszurechnen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 6 JVEG, Rdnr. 7; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 6, Rdnr. 4) und im Rahmen der Gewährung von Tagesgeld zu berücksichtigen.
LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

Schon der Wortlaut des § 7 Abs. 1 BRKG lässt klar erkennen, dass es, sofern nicht höhere Kosten als von 20,- € geltend gemacht werden, nicht darauf ankommt, dass tatsächlich nachweisbare Kosten entstanden sind.
LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

5b. Taxikosten sind grundsätzlich nur mit 0,25 Eur/km Erstattungsfähig
Für die Fahrt mit dem Taxi nach der Begutachtung zum Bahnhof erhält der Antragsteller lediglich einen Fahrtkostenersatz gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG in Höhe von 0,25 € pro gefahrenem Kilometer und damit insgesamt von 0,50 €. Ein weitergehender Anspruch auf Erstattung der Taxikosten über § 5 Abs. 3 JVEG besteht nicht.
Ausnahmen siehe:
LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

PKW:
Bei Benutzung eines Pkw 0,25 EUR pro km (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG). Hinzu kommen sonstige Auslagen, wie Parkentgelte (§ 5 Abs. 2 S. 3 JVEG), Mautgebühren, Kosten einer Fähre, etc..

Flugreise:
Flugreisen werden immer bis zur Höhe der Kosten einer Bahnfahrt ersetzt, darüber hinaus nur bei Notwendigkeit des Flugs (z.B. wegen erheblicher Zeitersparnis).

5c. Tagegeld
Mit dem Tagegeld werden pauschaliert die weiteren Kosten abgedeckt, die infolge einer längeren Abwesenheitszeit vom Wohnort oder der Arbeitsstelle entstehen. Davon umfasst sind insbesondere die Kosten für Verpflegung. Zehr- oder Verpflegungskosten sind als allgemeiner Aufwand im Sinne von § 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig waren.
Aus dem Verweis in § 6 Abs. 1 letzter Halbsatz JVEG auf das Tagegeld im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG wird deutlich, wann und in welcher Höhe Verpflegungskosten in Form einer Zehrkostenpauschale als notwendiger allgemeiner Aufwand zu erstatten sind. Bei einer auf an den Kalendertag bezogenen Abwesenheit von mindestens 8 bis unter 14 Stunden gibt es nach der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG im Jahr 2013 ein Tagegeld in Höhe von 6,- €, bei einer
Abwesenheit von mindestens 14 bis unter 24 Stunden in Höhe von 12,- € und bei 24-stündiger Abwesenheit in Höhe von 24,- €.
Auf die tatsächlich entstandenen Kosten des Berechtigten kommt es aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Regelung einer Pauschalierung nicht an (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 16.07.2012, Az.: L 15 SF 42/11), unabhängig davon, ob die tatsächlichen Kosten die Pauschale nicht erreichen oder übersteigen. Es ist deshalb und auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Führung des Nachweises, dass und in welcher Höhe Kosten entstanden sind, nicht erforderlich (vgl.
Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 6, Rdnr. 3; Thüringer LSG, Beschluss vom 30.10.2012, Az.: L 6 SF 1252/12 E).
…Ein etwaiges von den Kosten mitumfasstes Essen
(insbesondere Frühstück) zählt nicht zu den Übernachtungskosten im Sinn des § 7 BRKG; der diesbezügliche Kostenanteil ist herauszurechnen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 6 JVEG, Rdnr. 7; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 6, Rdnr. 4) und im Rahmen der Gewährung von Tagesgeld (vgl. dazu unten Ziff. 4.3.) zu berücksichtigen.
LSG München, Beschluss v. 04.11.2014 – L 15 SF 198/14

Verpflegungsmehraufwand ab dem 01.01.2016:
Bei der Reisekostenabrechnung werden immer die einzelnen Kalendertage betrachtet, wobei an An- und Abreisetagen die Betrachtung der tatsächlich abwesenden Stunden entfällt.
Für eine Abwesenheit von  8 bis 24 Stunden oder den An- oder Abreisetag gibt es 12 EUR
Für eine Abwesenheit von 24 Stunden an einem Kalendertag gibt es 24 EUR
Für eine Übernachtung ohne Nachweis gibt es eine Pauschale von 20 EUR

Die erste Pauschale greift für alle An- und Abreisetage, sowie für Tage an denen man zwischen 8 und 24 Stunden außer Haus war. Handelt es sich um einen An- oder Abreisetag, so ist die tatsächliche Abwesenheit nicht maßgeblich (wer also um 18:00 Uhr aus München nach Österreich zu einem Gerichtstermin fährt und vor 24 Uhr am Zielort ist, der hat trotzdem Anrecht auf die Verpflegungspauschale für den Anreisetag).

Die zweite Pauschale wird immer bei ganztägigen Abwesenheiten (also von 0-24 Uhr = 24 Stunden) gewährt.

Beispiel 1:
Reisender beginnt seine Reise an Tag 1 um 18:30 Uhr und kommt an Tag 2 gegen 15:30 Uhr nach Hause zurück (hier nimmt er ein Frühstück im Hotel zu sich):

  • Tag 1: Es handelt sich um den Anreisetag. Eine zeitliche Betrachtung ist nicht notwendig, es können 12 Euro Verpflegungsmehraufwand für den Anreisetag geltend gemacht werden.
  • Tag 2: Für den Abreisetag können wieder 12 Euro als Verpflegungsmehraufwand angesetzt werden. Hier werden 4,80 EUR von den Hotelkosten für das Frühstück abgezogen.

Beispiel 2:
Reisender beginnt seine Reise an Tag 1 um 8:30 Uhr und kommt am gleichen Tag gegen 17:30 Uhr nach Hause zurück.:

  • Tag 1: Hier können aufgrund der Abwesenheitsdauer von über 8 Stunden 12 Euro Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht werden.

6. Reiseentschädigungsverfahren für mittellose Personen brauchen nicht in angemessener Zeit bearbeitet werden (letztlich niemals) und sind von §198 GVG und Artikel 19 Abs. 4 GG ausgenommen (OLG-Bamberg 8 EK 51/15 vom 11.11.2015, OLG-Bamberg 8EK2/19 vom 15.04.2019 (noch einmal bestätigt am 07.05.2019)) und eine entsprechende Verfassungsbeschwerde ist unzulässig (Bayrischer Verfassungsgerichtshof  Vf. 85-VI-15 vom 10.06.2016)

Gemäss dem OLG-Bamberg ist eine Bearbeitung des Reiseentschädigungsverfahren in angemessener Zeit für mittellose Personen von §198 GVG und Artikel 19 Abs. 4 GG ausgenommen. Gerichte dürfen sich damit sogar unendlich lange Zeit lassen und es liegt kein Grundrechtsverstoss vor.

OLG-Bamberg 8 EK 51/15 vom 16.11.2015:
Gerichtsverfahren bzw. Strafverfahren in diesem Sinn ist nicht jeder einzelne Antrag oder jedes Gesuch im Zusammenhang mit dem verfolgten Rechtsschutzbegehren. Vielmehr geht das Gesetz von einem an der Hauptsache orientierten Verfahrensbegriff aus (BGH, Urteil vom 13.03.2014, III ZR 91/13 Rn. 23, NJW 2014, 1816; Urteil vom 05.12.2013, III 73/13 Rn. 20, NJW 2014, 789; vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 22).
Nicht unter den Verfahrensbegriff der vorgenannten Regelungen fällt dagegen nach diesem Maßstab ebensowenig wie ein Verfahren, das die Ablehnung eines Richters betrifft (Ott, a.a.O. Rn. 34), das vom Antragsteller betriebene Verfahren zur Geltendmachung von Reisekosten. Es ist nicht als Einleitung eines neben dem gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren getrennt zu betrachtenden Gerichtsverfahrens anzusehen. …

OLG-Bamberg 8EK2/19 vom 15.04.2019 (noch einmal bestätigt am 07.05.2019):
Der Senat weist insoweit auf die dem Antragsteller bekannte, ausführlich begründete Entscheidung des Senats vom 11.11.2015, Az.8EK51/15, über seinen Prozesskostenhilfeantrag vom 21.10.2015 hin. An der dort dargelegten Rechtslage hat sich nichts geändert.Der Senat hat in diesem Beschluss ausgeführt, dass das Verfahren zur Gewährung von Reisekosten nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über die „Gewährung von Reisentschädigungen“ [Anm.: Diese Verordnung regelt die Reiseentschädigungen und deren Vorschußzahlungen Reiseentschädigungsbekanntmachung – ReiBek] nicht dem Anwendungsbereich des § 198GVG unterfällt.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist hierin nicht zu sehen, eben sowenig eine Verletzung (sonstiger) Grund- und Menschenrechte, wie der Antragsteller aber erneut moniert.
Richter Matthias Burghardt, Richter Leander Brößler, Richter Karl Schommartz, Richterin Claudia Kahnke

Man hat also so lange keinen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten bzw. auf die Entscheidung über die Reisekosten so lange wie das Strafverfahren verzögerungsfrei bearbeitet wird. Wenn ein Strafverfahren wie der Schmücker Prozess also 15 Jahre dauert und verzögerungsfrei bearbeitet wird, dann hat man die ganzen 15 Jahre keinen Anspruch auf Entscheidung über einen Reisekostenentschädigungsantrag. Wenn allerdings nach zB. 12 Jahren festgestellt wird, dass das Strafverfahren insgesamt zu lange dauert, dann hat man zB. auch automatisch einen Anspruch auf die Bearbeitung eines Reisekostenentschädigungsantrags, den man zB. 1 Tag oder 1 Woche oder 10 Jahre zuvor gestellt hat. Ist das Hauptsacheverfahren also nach 15 Jahren mit Urteil ohne Verzögerung beendet worden, dann hat man gar keinen Anspruch mehr auf Bearbeitung des Reisekostenentschädigungsantrags, weil das Hauptverfahren ja auch zukünftig verzögerungsfrei beendigt bleibt.

Der BGH hatte entschieden, dass man nur allein wegen der nicht verzögerungsfreien Bearbeitung eines Befangenheitsverfahren keine Verzögerungsrechte geltend machen kann, sondern nur in dem “Hauptsacheverfahren”.
Ein Befangenheitsverfahren verzögert allerdings das “Hauptverfahren”, weil ein Handlungsverbot besteht (zB. §47 Abs. 2 ZPO, §29 Abs. 1 StPO).
Wenn also durch einen nicht verzögerungsfrei bearbeiteten Befangenheitsantrag sich das Hauptsacheverfahren insoweit verzögert, dass in dem ganzen Verfahren insgesamt eine Verzögerung gegeben ist, dann kann man auch entsprechende Verzögerungsrechte geltend machen.
Ein Reisekostenentschädigungsverfahren verzögert das Hauptverfahren gar nicht.
Im vorliegenden Verfahren war das Hauptverfahren etwas später Verzögerungsfrei mit Urteil beendet worden aber das Reisekostenentschädigungsverfahren immer noch nicht bearbeitet worden.
Das führt logischerweise nun dazu, dass das Reisekostenentschädigungsverfahren niemals bearbeitet werden braucht, weil das Hauptverfahren Verzögerungsfrei beendet worden ist und bleibt und man nur im Hauptverfahren Verzögerungsrechte gemäss §198 GVG bzw. Artikel 19 Abs. 4 GG geltend machen kann.
Auch ein Individuelles Interesse an einer zeitnahen Bearbeitung eines solchen Antrags besteht also in Coburg und Bamberg nicht wie aber an anderen Gerichten:

OLG Naumburg, Beschl. v. 15.08.2012 – 4 WF 85/12 g
“…sondern eine direkte Zahlung an sich begehrt und deshalb – auch um Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen – ein besonderes Bedürfnis an einer zeitnahen Überprüfung der beantragten Erstattung besteht. …”

Eine Verfassungsbeschwerde wegen einer überlangen Verfahrensdauer deswegen, ist gemäss dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof sogar unzulässig. Die Nichtbearbeitung eines entsprechenden Antrags und die damit einhergehende Nichtzahlung verstösst auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG (Art. 118 BV) obwohl die Erstattung der Reisekosten ja gerade die Grundrechte aus Artikel 3 Abs. 1 GG verwirklichen soll.

OLG Naumburg, Beschl. v. 15.08.2012 – 4 WF 85/12 g
“…sondern eine direkte Zahlung an sich begehrt und deshalb – auch um Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen – ein besonderes Bedürfnis an einer zeitnahen Überprüfung der beantragten Erstattung besteht. …”

OVG NRW 21 A 3069/96.A vom 01.11.1999
“Aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet, ergibt sich, daß es geboten ist, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gerichten ermöglichen. “

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art. 19 GG
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. …

Gerichtsverfassungsgesetz § 198 GVG
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

“Die Regelungen, die Folge mehrerer Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind, gelten für alle Prozessordnungen.”
“Der EGMR sieht das Verfahren nach §§ 198 ff. GVG als wirksame Beschwerde i.S.d. Art. 13 EMRK an und lässt seit dem Inkrafttreten der Bestimmungen keine Individualbeschwerden wegen überlanger Verfahrensdauer mehr zu.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsschutz_bei_%C3%BCberlangen_Gerichtsverfahren_und_strafrechtlichen_Ermittlungsverfahren#Voraussetzungen

Bayerischer Landesjustizminister Prof. Bausback CSU: Eine der wesentlichen Antworten unseres Grundgesetzes auf das NS-Unrechtsregime ist das Rechtsstaatsprinzip. Hierzu gehört auch das in der Verfassung ausdrücklich verankerte Gebot eines effektiven individuellen Rechtsschutzes gegen die öffentliche Gewalt. Jeder hat also das Recht, die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde von einem unabhängigen Gericht überprüfen zu lassen. Der Zugang zum Gericht mit dem Ziel, seine Rechte durchzusetzen, muss jedem offen stehen. Daran sollten und dürfen wir gerade als Lehre aus der NS-Zeit nicht rütteln. Zum effektiven Rechtsschutz gehört aber auch gleichzeitig, dass der Einzelne möglichst zügig zu seinem Recht kommt.
https://www.donaukurier.de/nachrichten/bayern/Es-ist-unerlaesslich-die-Vergangenheit-zu-kennen;art155371,3859799

CSU hetzt in Nazi-Jargon: „Hartz IV-Schmarotzer“, 18.11.2016
„Wer in Hartz-IV rutscht, für den gelten die Grundrechte nicht mehr… Die CSU zeigt, dass sie in Sachen Geschmacklosigkeit selbst die AFD noch überbieten kann. Sie bedient sich nämlich der Sprache der NSDAP und sorgt für die Stigmatisierung von Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.“
„…Wie die Nationalsozialisten gegen „arbeitsscheues Gesindel“ und „Untermenschen“ hetzten, bezeichnet die CSU in einem Videoclip Erwerbslose als „Schmarotzer“. Wörtlich heißt es in dem Clip: „Die Grünen wollen: Sanktionen für Hartz IV-Schmarotzer lockern!“

https://www.gegen-hartz.de/news/csu-hetzt-in-nazi-jargon-hartz-iv-schmarotzer

Eine englische Rechtsweisheit besagt: „Justice delayed is justice denied“ (verzögertes Recht ist verweigertes Recht).
Akzeptabel sind die Verfahrenslaufzeiten zurzeit nur bei den Amtsgerichten und den Arbeitsgerichten, wo sie zwischen drei und fünf Monaten dauern. In allen anderen Gerichtsbarkeiten hat sich die Dauer der Verfahren trotz sinkender Eingänge entweder verlängert, oder die Verfahren sind kürzer geworden, verharren aber auf einem rechtsstaatlich nicht hinnehmbar hohen Niveau.
Diesen Missstand sollte eigentlich das Gesetz gegen überlange Gerichtsverfahren beseitigen, das der Gesetzgeber 2011 erlassen hat, nachdem der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik in über 100 Fällen wegen zu langer Verfahrensdauer gerügt hatte. Das Gesetz hat jedoch keine beschleunigende Wirkung entfaltet.
…Die Folge: Gerichte dürfen die Akten zwischen sechs Monaten und zwei Jahren bei den Finanzgerichten unbearbeitet liegen lassen, ohne dass Entschädigungen fällig werden. Diese Rechtsprechung ist skandalös und kann auf kein Verständnis in der Rechtsgemeinschaft rechnen.
Das Gesetz gegen überlange Gerichtsverfahren erweist sich bisher in der Praxis als ein reines Alibigesetz, um die Forderungen des Europäischen Gerichtshofes zu erfüllen.

Hinter dieser schlimmen Rechtsprechung steckt der Korpsgeist der Richterschaft und Kritik an der Politik.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article164788013/Gerichtsverfahren-in-Deutschland-dauern-zu-lange.html

Nachträgliche Nichterstattung von Reisekosten des Anwalts, die der Verteidigung des Mandanten dienen, verstösst gegen das Willkürverbot:
Für Rechtsanwälte, die die Reisekosten zur Verteidigung ihres Mandanten nachträglich nicht erhalten besteht ein Grundrechtsverstoss aus Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG und ein Verstoss gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 BV), weil auch mittelbar das Interesse des Beschuldigten an einer effektiven Verteidigung zu beachten ist (BVerfG 2 BvR 813/99 Rn 8).

BVerfG 2 BvR 813/99:
Bei der Auslegung des Merkmals der Erforderlichkeit der Auslagen des bestellten Verteidigers sei mittelbar auch das Interesse des Beschuldigten an effektiver Verteidigung zu beachten. Dem würden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Jedenfalls soweit die Erstattung der Auslagen für die Informationsreise versagt wurde, sei auch das Willkürverbot verletzt worden; denn insoweit gingen die angegriffenen Entscheidungen darüber hinweg, dass die Erforderlichkeit der Informationsreise bereits bindend festgestellt worden sei (§126 Abs. 2 Satz 2 BRAGO)
…denn die angegriffenen Entscheidungen deuten im Blick auf die ständige Rechtsprechung, die ihnen zugrunde liegt, auf eine generelle Vernachlässigung dieser Grundrechte hin (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>).

Im vorgenannten Fall am AG-Coburg wurde ein Pflichtverteidiger abgelehnt und bei einem Nichterscheinen des Angeklagten wäre der Einspruch gegen den Strafbefehl verworfen worden und er wäre automatisch ohne jegliche Verteidigung verurteilt gewesen. Das soll aber gemäss dem LG-Coburg, dem OLG-Bamberg und dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof nicht gegen Grund- oder Menschenrechte verstossen.

Im Vorliegenden Fall am LG-Coburg wurde die Beschwerde und die Gehörsrüge abgewiesen:
LG-Coburg 2 Qs 42/16 vom 18.05.2016 (Eine Hartz4 Bescheinigung wurde vorgelegt und es wurde mit einem Beweisantrag vorgetragen, dass das geliehene Geld an die Ausleiherin noch nicht zurückgezahlt worden ist):
“Der Angeklagte ist zur Hauptverhandlung am 12.03.2014 von seinem Wohnort xxxxxx nach Coburg angereist und hat an der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Coburg teilgenommen, ohne dass ihm zuvor die Kosten der Reise verauslagt worden sind. Dies belegt, dass er in der Lage war, die Reisekosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Ein Erstattungsanspruch ist somit nicht gegeben.”

Es wurde Verfassungsbeschwerde am Bayrischen Verfassungsgerichtshof eingereicht.

Das Verfassungsgericht moniert, dass keine zusätzliche Gehörsrüge gemäss §33a StPO erfolgte. Alles ändert sich wieder zum Nachteil der mittellosen Person:

§33a StPO findet keine Anwendung nach Abschluss des Verfahrens durch rechtskräftiges Urteil (BGH NstZ 92, 27 Lutz-Meyer Gossner StPO 51 Auflg. §33a Rn 1a) und ein Reisekostenentschädigungsverfahren ist kein eigenständiges Verfahren gemäss der Rechtssprechung des OLG-Bamberg  (8 EK 51/15 vom 16.11.2015) für das auch §198 GVG nicht gilt und welches stets mit Beschlüssen abgewiesen worden ist und das Strafverfahren ist zuvor bereits mit rechtskräftigen Urteil abgeschlossen worden.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wollte eine Kopie des Reisekostenentschädigungsantrags haben. Der Antragsteller bat daher beim LG-Coburg um Zusendung einer Kopie. Da er wie üblich ignoriert wurde und Eingaben von Proleten dort üblicherweise komplett zu ignorieren wurde sich insgesamt 8 mal beim Präsidenten des LG-Coburg, beim Präsidenten des OLG-Bamberg und beim Landesjustizministerium beschwert. Dem Antragsteller und Beschwerdeführer wurde auch beim Landesjustizministerium von Prof. Dr. Winfried Bausback erklärt, dass eine Zusendung aufgrund der richterlichen Freiheit (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht möglich ist und alle weiteren Grundrechte nicht anwendbar sind und somit die Zusendung einer Kopie ausgeschlossen ist.
Nach der 8ten Beschwerde sandte ihm der Präsident des LG-Coburg eine Kopie zu allerdings mit der Anmerkung, dass ihm diese aus datenschutzrechtlichen Gründen eigentlich nicht zugesandt werden kann was aber auch wieder gelogen war.


7. Es gibt auch die Möglichkeit einen Reisekostenvorschuss vor dem Termin zu beantragen, wenn man die Reisekosten nicht vorstrecken kann aber dann sollen grundsätzlich nur Fahrkarten für die 2te Wagenklasse der Deutschen Bundesbahn zur Verfügung gestellt werden.

Wie es der Name der Verordnung schon sagt ist man für bereits erfolgte Reisen zu entschädigen “VwV Reiseentschädigung”:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Entschaedigung

Trotzdem kann man aber auch einen Reisekostenvorschuss gemäss 1.1.3 der VwV-Reiseentschädigung verlangen, der sich insbesondere auch aus den Grund- und Menschenrechten ergibt und man erhält dann aber grundsätzlich Fahrkarten des öffentlichen Personenverkehrs und keine Auszahlung in Geld:

Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung)
1.1.3 Regelmäßig sind Fahrkarten der zweiten Wagenklasse der Deutschen Bahn oder eines anderen Anbieters im öffentlichen Personenverkehr zur Verfügung zu stellen. Eine Auszahlung kommt nur im Ausnahmefall in Betracht.

Variante 1: Bis zum Termin sind es noch mehr als 7 Tage
In diesem Fall kann man an das Gericht schreiben, das die Ladung verschickt hat:
In meiner Strafsache (Aktenzeichen 123 Ds 456/08) habe ich die Ladung zum Termin am [DATUM] erhalten. Leider kann ich die Fahrtkosten nicht aufbringen, weil ich von Hartz IV lebe. Eine Kopie des letzten Bescheids vom Jobcenter füge ich diesem Schreiben bei. Ich bitte höflich um Zusendung einer Fahrkarte für eine Fahrt von Berlin zum Gericht und wieder zurück.

Also: Aktenzeichen nicht vergessen, Kopie des Hartz IV Bescheids beipacken und ab damit per Post zum Gericht. Ein paar Tage später, jedenfalls rechtzeitig vor dem Reisetermin, gibt es dann das Ticket, ebenfalls per Post.

Variante 2: Der Termin findet „übermorgen“ statt.
Dann klappt der Postweg nicht mehr, sondern es hilft nur noch persönliches Erscheinen. Gehen Sie dann mit der Ladung und dem Hartz IV Bescheid zu dem Gericht an Ihrem Wohnsitz. Dort wird man Ihnen nach Vorlage der mitgebrachten Unterlagen entweder ein Ticket, einen Gutschein oder Bargeld geben, damit Sie zumindest die Hinreise zu dem auswärtigen Gericht antreten können.
Bei dem auswärtigen Gericht angekommen, bitten Sie den Richter vor Ort, Ihnen die Rückfahrkarte zu „organisieren“. Dann bekommen Sie vor Ort wiederum ein Ticket, einen Gutschein oder eben wieder Bargeld.
https://www.kanzlei-hoenig.de/specials/infos-zu-den-kosten/kostenfragen-im-strafverfahren/reisekosten-fuer-den-angeklagten


8. Eine abweisende Entscheidung über einen entsprechenden Antrag soll sorgfältig begründet sein und es ist stets eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen:

Gemäss § 35a StPO ist eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen (LG Bautzen RPfleger 00, 183; Jung NJW 73, 985). [1 Ws 138/04 OLG Hamm: Sofortige Beschwerde (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) ist gegen die Entscheidung des Rechtspflegers zulässig.

Bundestag, Oberamtsrätin Christa Reuther, vorzimmer.pet4@bundestag.de Referat Pet 4 BMAS (Arb.), BMJV, BMZ, 11011 Berlin Fax: 4-49 30 227-36911 Reisekostenentschädigung: Pet 4-18-07-36-028633:
“Soweit Sie darüber hinaus eine Begründung und eine Rechtsbehelfsbelehrung bei abweisenden gerichtlichen Entscheidungen fordern, regelt § 35a StPO, dass bei der Bekanntmachung jeder Entscheidung, die durch ein befristetes Rechtsmittel angefochten werden kann, der Betroffene über die Möglichkeiten der Anfechtung und der dafür vorgesehenen Fristen und Formen zu belehren ist. § 34 StPO sieht zudem vor, dass durch ein Rechtsmittel anfechtbare Entscheidungen sowie solche, durch die ein Antrag abgelehnt wird, mit Gründen zu versehen sind.”

Eine entsprechender abweisender Antrag muss besonders sorgfältig begründet werden (OLG Düsseldorf JurBüro 81, 1540).

Der Deutschte Bundestag hat erklärt, dass für Reiseentschädigungsverfahren mittelloser Personen keine Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbelehrungen erteilt werden brauchen, weil die Beschwerde nicht an eine Frist gebunden ist. Ein Formular ist auch nicht notwendig mit dem mittellose Menschen ihre Ansprüche leichter geltend machen können und leichter erkennen können.
Pet 4-18-07-36-028633 Protokoll des Deutschen Bundestags Nr. 19/16:


9. Erstattung von Reisekosten (für mittellose) Zeugen bei Vorladungen von der Polizei oder Staatsanwaltschaft

Diesbezüglich ergibt sich der Anspruch bereits aus dem JVEG selbst und zwar unabhängig davon ob man mittellos ist:

Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG)

§ 1 Geltungsbereich und Anspruchsberechtigte

(1) Dieses Gesetz regelt

1. die Vergütung der Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer, die von dem Gericht, der Staatsanwaltschaft, der Finanzbehörde in den Fällen, in denen diese das Ermittlungsverfahren selbstständig durchführt, der Verwaltungsbehörde im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder dem Gerichtsvollzieher herangezogen werden;

3. die Entschädigung der Zeuginnen, Zeugen und Dritten (§ 23), die von den in Nummer 1 genannten Stellen herangezogen werden.

(3) Einer Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Finanzbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 steht eine Heranziehung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde im Auftrag oder mit vorheriger Billigung der Staatsanwaltschaft oder der Finanzbehörde gleich. Satz 1 gilt im Verfahren der Verwaltungsbehörde nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

Bisher musste eine Person einer Vorladung der Polizei weder als Zeuge noch als Beschuldigter folgen. Es stand jedem frei, ob er bei der Polizei erscheinen und mit den Beamten sprechen oder gegebenenfalls erst einen Anwalt kontaktieren wollte. Die Handlungsempfehlung ist dabei eindeutig –
Beschuldigte sollten einer Vorladung der Polizei grundsätzlich nie folgen, sondern sich stattdessen den Rat eines Anwalts einholen. Bei Zeugen gibt es ebenfalls etliche Konstellationen, bei denen von einer Aussage ohne Beistand durch einen Anwalt dringend abzuraten ist. Denn in vielen Fällen wurden durch unbedachte Äußerungen aus Zeugen schnell Beschuldigte.
Durch die Gesetzesänderung ist das Ignorieren einer Vorladung der Polizei nun nicht mehr so einfach möglich (§163 StPO vom 24.08.2017). Mussten Zeugen bisher nur der Ladung des Gerichts (und „der Staatsanwaltschaft“) folgen, trifft diese Pflicht nun auch bei der Polizei zu. Zumindest wenn die Polizei den Zeugen im Auftrag der Staatsanwaltschaft vorlädt. Bei Nichtfolgen einer Vorladung der Polizei können Ordnungsgelder oder gar Ordnungshaft drohen.
Es ist schwer abzuschätzen, was die gesetzliche Änderung für die Praxis bedeuten wird. Fest steht lediglich, dass sie mit einem weiteren Abbau von Beschuldigten- und Zeugenrechten einhergeht. Die neue Gesetzeslage bietet hohes Missbrauchspotential. Weder ist genauer definiert was „im Auftrag der Staatsanwaltschaft“ bedeutet, noch muss die Polizei bestimmte Fristen oder Formalien für ihre Ladung einhalten.
So kann eine Vernehmung von Zeugen zum Beispiel auch während einer Wohnungsdurchsuchung erfolgen. Die Zeugen können sich dieser Situation nicht mehr entziehen und sich zum Beispiel nicht vorher durch einen Anwalt beraten lassen. Es bleibt jedoch dabei, dass jeder Zeuge bei seiner Vernehmung ein Anrecht auf die Anwesenheit eines Anwalts hat. Aus diesem Grund sollte auch bei solchen „Spontanvernehmungen“ im Zweifel auf die Anwesenheit des eigenen Anwalts bestanden werden.
Für Beschuldigte ändert sich zum Glück nichts. Diesen steht es weiterhin frei, einer Vorladung der Polizei zu folgen. Dabei ist den Beschuldigten weiterhin zu raten, dass sie umfangreich von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und einer Vorladung der Polizei nicht folgen. Stattdessen sollte der Kontakt zu einem Anwalt gesucht werden, der dann die weitere Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden übernimmt.

https://www.strafrecht-bundesweit.de/strafrecht-blog/vorladung-der-polizei-zeugen-muessen-zukuenftig-erscheinen

10) Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Gerichts:

Arbeitsgericht:
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 10.06.2014 – 5 Ta 70/14
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog). Die Entscheidung des zuständigen Gerichts über ein Gesuch der Partei auf Reiseentschädigung stellt keine Tätigkeit der Justizverwaltung, sondern einen Akt der Rechtsprechung dar, gegen den die sofortige Beschwerde gemäß § 127 ZPO analog gegeben ist (vgl. LAG Düsseldorf 19. August 2013 – 13 Ta 213/13 – […]). Der gegenteiligen Auffassung (vgl. OVG Sachsen-Anhalt 13.09.2006 – 1 O 169/06 – […]), wonach es sich bei einer Entscheidung über eine Reiseentschädigung auf der Grundlage der bundeseinheitlichen Vorschriften über die Gewährung von Reiseentschädigungen an mittellosen Personen und Vorschusszahlungen für Reiseentschädigungen an Zeuginnen,… um eine nicht beschwerdefähige Tätigkeit der Gerichtsverwaltung handele, ist nicht zu folgen.

Strafgericht:
Gemäß dem Deutschen Bundestag ist Beschwerde gemäß §304 StPO einzulegen. Weil die Beschwerde an keine Frist gebunden ist, ist gemäß dem Deutschen Bundestag auch keine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich.

Entscheidung des VG-Bayreuth B 2 K 14.463 vom 29.07.2014:
“… Soweit es um Zivilverfahren geht, erfolgt die Kostenfestsetzung nach § 104 Abs. 1 der Zivilprozessordnung – ZPO -. Diese Regelungen der Zivilprozessordnung gelten im Übrigen auch für Kostenfestsetzungen im Sinn des § 464 b StPO, vgl. § 464 b Satz 2 letzter Halbsatz StPO. Danach entscheidet über den Festsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 567 ff. ZPO statthaft. Die Beschwerde ist nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO entweder beim Ausgangs- bzw. beim Beschwerdegericht einzulegen. Nach § 572 Abs. 1 ZPO hat das Ausgangsgericht in jedem Fall eine Abhilfeüberprüfung vorzunehmen.”

BGH 2ARS 239/02
Aus § 464 b StPO ergibt sich nicht, daß eine Rechtsbeschwerde in strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren statthaft ist. Nach Satz 3 dieser Bestimmung sind auf das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung die Vorschriften der Zivilprozeßordnung (nur) entsprechend anzuwenden. Deshalb finden auf das Verfahren (§§ 103 ff. ZPO) und die Vollstreckung (§§ 794 ff. ZPO) der Kostenfestsetzung die ZPO-Vorschriften lediglich insoweit Anwendung, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen. Demgemäß werden für das Beschwerdeverfahren – auch für den Ausschluß einer weiteren Beschwerde (§ 310 Abs. 2 StPO) – überwiegend die §§ 304 ff. StPO und nicht die entsprechenden Vorschriften der ZPO für anwendbar erachtet (vgl. u.a. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000, 254 ff.; KG Rechtspfleger 2000, 38 f.; OLG Düsseldorf Rechtspfleger 2000, 126; OLG Düsseldorf NStE Nr. 2 zu § 464 b StPO; OLG Stuttgart MDR 1975, 248; OLG Saarbrücken Rechtspfleger 1960, 342; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 464 b Rdn. 6 ff.; KMRStöckel StPO § 464 b Rdn. 4 und 25 jeweils auch mit Nachweisen zur Gegenmeinung). Schon von daher kommt eine Geltung der Vorschriften der ZPO über die Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff. ZPO) nicht in Betracht. http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/02/2ars-239-02.php3

Verwaltungsgericht:
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss verkündet am 13.09.2006, Aktenzeichen: 1 O 169/06
1. Die Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem der Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Gewährung von Reisekosten für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung abgelehnt wurde, unterliegt dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2018 – 9 E 69/18
Das Vertretungserfordernis nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO findet auf Beschwerdeverfahren der hier vorliegenden Art keine Anwendung.
Anderer Ansicht: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. September 2006 – 1 O 169/06 -, juris Rn. 1 f.
Ungeachtet der Frage, auf welche Rechtsgrundlage der hier in Rede stehende Anspruch zu stützen ist, ist in der Rechtsprechung jedenfalls geklärt, dass über die Bewilligung bzw. Erstattung von Reisekosten an mittellose Personen unter entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO) entschieden wird.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Februar 2017 – 6 C 28.16 -, NJW 2017, 1497, juris Rn. 2, und vom 19. Februar 1997 – 3 PKH 1.97 -, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 37, juris Rn. 5, sowie schon BGH, Beschluss vom 19. März 1975 – IV ARZ (VZ) 29/74 -, BGHZ 64, 139, juris Rn. 6 ff.
Dabei ist nicht allein entscheidend, ob Prozesskostenhilfe beantragt oder gewährt worden ist. Selbst die Versagung von Prozesskostenhilfe steht der Gewährung eines Reisekostenvorschusses nicht zwingend entgegen. Im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie das Gebot effektiven und gleichen Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann es im Einzelfall geboten sein, auch dem unbemittelten Beteiligten zu ermöglichen, seinen Standpunkt in der mündlichen Verhandlung zu vertreten, ohne dass dies von einer vorherigen Prüfung der Erfolgsaussichten abhängig gemacht wird.

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