Volksaufstands am 17. Juni 1953 forderten Demonstranten in Sprechchören die Absetzung und Inhaftierung Benjamins
Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie in der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz tätig. Im Jahr 1946 trat sie der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei. Von 1949 bis 1953 war sie Vizepräsident des Obersten Gerichts der DDR, von 1949 bis 1967 Abgeordnete der Volkskammer und von 1954 bis 1989 Mitglied des Zentralkomitees der SED.
Benjamin war bei den Waldheimer Prozessen beratend beteiligt. Später war sie Vorsitzende in einer Reihe weiterer Schauprozesse gegen Oppositionelle, Sozialdemokraten und andere angeklagte Personen und mitverantwortlich auch für Todesurteile. Deshalb wurde sie in der DDR im Volksmund auch die „Rote Guillotine“, „Rote Hilde“ oder „Blutige Hilde“ genannt. Zahlreiche Verurteilte dieser Opfergruppen wurden nach der Wiedervereinigung rehabilitiert.
Die Reporterin Kathleen McLaughlin beschrieb Hilde Benjamin als Richterin im Solvay-Prozess in der New York Times am 15. Dezember 1950 so:
„Dr. Hilde Benjamin, die Vorsitzende Richterin, eine massige Frau mit zu einer Tiara geflochtenem Zopf, hat sich bei den Urteilen in den so genannten Waldheimer Prozessen gegen frühere Gefangene in Konzentrationslagern der Sowjetzone den Ruf erworben, hart durchzugreifen. Nachdem Staatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer die Anklage verlesen hatte, begann Frau Dr. Benjamin mit der Vernehmung der Angeklagten. […] Die etwa 600 geladenen Zuschauer brüllten vor Vergnügen, als Richterin Benjamin den Angeklagten Dr. Plünnecke zurechtwies, weil er ein Detail vergessen hatte. Sie sagte: ‚Vielleicht hilft es Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge, wenn ich Sie darauf hinweise, dass Ihnen hier lebenslänglich droht.‘“
Während des Volksaufstands am 17. Juni 1953 forderten Demonstranten in Sprechchören die Absetzung und Inhaftierung Benjamins.[3] Nach der Niederschlagung des Aufstands leitete sie ab dem 20. Juni einen Operativstab, dem in Abstimmung mit dem Politbüro der SED die Überwachung sämtlicher Strafverfahren im Zusammenhang mit dem 17. Juni 1953 oblag. Zuständig waren die eigens dafür unter Benjamins Anleitung einschließlich der Pflichtverteidiger aus SED-treuen Juristen gebildeten Strafsenate in den Bezirken der DDR.[4]
Am 15. Juli 1953 wurde sie Nachfolgerin des verhafteten Ministers für Justiz Max Fechner. Der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht schickte Hilde Benjamin 1967 in den vorzeitigen Ruhestand, angeblich aus „gesundheitlichen Gründen“. Vermutlich war sie als alte Stalinistin politisch nicht mehr tragbar. Entsprechend schied eine Fortsetzung ihrer Laufbahn als Richterin aus, jedoch setzte sie ihre juristische Karriere als Staatsrechtlerin in der DDR bis zu ihrem Tod fort.
Im Jahr 1967 übernahm sie als Professorin den Lehrstuhl „Geschichte der Rechtspflege“ an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ in Potsdam-Babelsberg, den sie bis zu ihrem Tod innehatte.
Benjamin wurde in der DDR vielfach ausgezeichnet: 1955 und 1962 mit dem Vaterländischen Verdienstorden, 1967 mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Bernburg, 1972 mit der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden, 1977 und 1987 mit dem Karl-Marx-Orden, 1979 als Verdiente Juristin der DDR und 1982 mit dem Stern der Völkerfreundschaft. Ihre Urne wurde in der Grabanlage Pergolenweg der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.