Zur richterlichen Unabhängigkeit siehe den Artikel von Prof. Gerd Seidel, „Die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit“, AnwBl 6/2002, Berlin, S. 325 bis 330:
In dem Artikel werden einige skandalöse Gerichtsverfahren und -entscheidungen aufgeführt, die alle wegen der richterlichen Unabhängigkeit ungeahndet blieben. Dann wird festgestellt, daß das Problem des willkürlichen Handelns einiger Richter nicht dadurch gemildert wird, daß zur Korrektur von offensichtlichen Fehlurteilen Rechtsmittel zur Verfügung stehen.
Prof. Seidel zitiert dann den Präsidenten des BVerwG, H. Sendler, daß es „nahezu nichts gibt, was in amtlicher Eigenschaft nicht erlaubt wäre. Dafür sorgt die dienstgerichtliche Rechtsprechung, die unter Berufung auf die richterliche Unabhängigkeit nahezu alles deckt bis hin zu groben Flegeleien und zur Verlautbarung politischer Glaubensbekenntnisse abwegigen Inhalts im Rahmen von Gerichtsverhandlungen oder aus Anlaß von Urteilsbegründungen.“
In einer Versammlung sagte ein Anwalt, er hoffe, daß in einem konkreten Fall der Richter Größe zeigen wird, sich nicht an ihm zu rächen, weil er ihn auf ein BGH-Urteil aufmerksam gemacht habe, was dieser Richter aber nicht hören wollte. Auch in sonstigen Gesprächen mit Anwälten aus Mittelfranken klang immer wieder durch, daß Anwälte Angst vor Richtern haben müssen, weil ein Richter stets ein Verfahren zum Nachteil seines Mandanten lenken kann.
Die Bezeichnung „Bestrafungsurteil“ hört man von Anwälten, wenn ein Richter in einem Verfahren aus sachfremden Gründen seinen Ermessensspielraum einseitig ausnutzt oder ihn sogar überschreitet, z. B., weil eine Prozeßpartei einem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich nicht zugestimmt hatte. Das ist zwar alles Richterwillkür, wird aber wegen der richterlichen Unabhängigkeit so gut wie nie verfolgt.