Das Anti-Folter-Komitee des Europarates hat die freiwillige chirurgische Kastration von Sexualstraftätern in Deutschland verurteilt. Das Komitee fordert Berlin auf, die “erniedrigende” Praxis unverzüglich einzustellen. Die Bundesregierung hält ein Verbot nicht für notwendig.
“Die chirurgische Kastration ist ein verstümmelnder, irreversibler Eingriff”, heißt es in einem Bericht des Anti-Folter-Komitees des Europarats (CPT), der am Mittwoch in Straßburg veröffentlicht wird. Bei einer Inspektion deutscher Haftanstalten im Jahr 2010 waren die Experten auf zwei Fälle von Kastration mit Einverständnis der Sexualstraftäter gestoßen.
Das CPT fordert Deutschland auf, diese Methode als Mittel der Behandlung von Straftätern unverzüglich einzustellen. Das deutsche Recht erlaubt diese Form der freiwilligen Kastration, die mit einem Skalpell durchgeführt wird. Menschenrechtsschützer sind allerdings strikt dagegen, weil ihnen dieser Eingriff zu radikal erscheint. Sie empfehlen Medikamente, um die Bildung von Testosteron zu verringern. Je weniger Testosteron, desto geringer der Sexualtrieb.
Der umstrittene Eingriff wird in Deutschland selten vorgenommen. Laut Erkenntnissen des Komitees gab es in den vergangenen zehn Jahren weniger als fünf Sexualstraftäter, die sich pro Jahr operativ kastrieren ließen. Die zwei Eingriffe, die dem Komitee 2011 gemeldet wurden, wurden in Berlin und Rheine (Nordrhein-Westfalen) vorgenommen.
Sechs CPT-Experten hatten vom 25. November bis 7. Dezember 2010 routinemäßig deutsche Haftanstalten besucht, so wie sie es auch bei den übrigen 46 Europaratsländern tun.
Deutschland gehört mit Tschechien zu den wenigen Ländern in Europa, in denen die chirurgische Kastration von Menschen erlaubt ist, bei denen wegen ihres abnormen Geschlechtstriebes die Gefahr schwerer Straftaten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauchs von Kindern besteht. …