Ein Strafverfahren muss noch kein Grund sein, einem Anwalt die Zulassung zu entziehen. Entscheidend ist die Höhe der Strafe. Dies könnte auch im Fall des Marler Patientenanwalts Stefan Hermann von Bedeutung sein.
Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Essen gegen ihn Anklage wegen Untreue in zwei Fällen erhoben (die Marler Zeitung berichtete ausführlich), in einem dieser Fälle auch wegen Gebührenüberhebung. Zu dem Verfahren will sich die Rechtsanwaltskammer trotz des öffentlichen Interesses nicht äußern. Dies unterliege der Verschwiegenheitspflicht, erwidert Hauptgeschäftsführer Stefan Peitscher auf unsere Anfrage.
In der Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 14) ist geregelt, wann einem Anwalt die Zulassung entzogen werden kann. Die Rechtsanwaltskammer leitet dieses Verfahren ein, die Entscheidung fällt dann der Anwaltsgerichtshof. Der Vorsitzende des Marler Anwaltsvereins, Harald Bönninghoff, erklärt auf Nachfrage der MZ die rechtlichen Details:
Anwälte können unter anderem ihre Zulassung verlieren,
– wenn sie gegen die Verfassung verstoßen, zum Beispiel durch rechtsradikale Hetze auffallen
– wenn sie insolvent (= zahlungsunfähig) sind. Auch geringe Schulden können schon die Zulassung gefährden, erläutert Harald Mönninghoff.
– wenn sie das Ansehen ihres Berufs schädigen,
– wenn der Rechtsanwalt strafrechtlich verurteilt wird. Die Haftstrafe muss mindestens ein Jahr betragen. Dabei ist es unerheblich, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder nicht. Es ist auch egal, ob der Anwalt die Straftat in seinem Beruf oder privat begangen hat.
Auch drei Marler Anwälten wurde schon die Zulassung entzogen, zwei verloren sie wegen Insolvenz. Spektakulärster Fall war vor mehr als 25 Jahren die Verurteilung von Detlev S., dem damals unter anderem schwere Brandstiftung und Kontakte zum kriminellen Milieu vorgeworfen wurden.