Bedrohter Rechtsstaat: Bundesländer beklagen drastischen Richter-Mangel, spiegel-online, 08.12.2013
Das deutsche Rechtssystem ist in bedenkliche Schieflage geraten. Nach SPIEGEL-Informationen sind die Gerichte in mehreren Bundesländern stark unterbesetzt. Bei Wirtschaftsprozessen fühlen sich Staatsanwälte den Verteidigern oft unterlegen.
An deutschen Gerichten fehlen viele Staatsanwälte und Richter. Das geht aus einer internen Statistik der Bundesländer hervor, die dem SPIEGEL vorliegt. Teils drastisch unterbesetzt sind vor allem die Gerichte in Niedersachsen, Bayern und Hessen.
Nordrhein-Westfalen hat mit Stand Dezember 2012 die Personalvorgaben bei Straf- und Zivilrichtern um 13 Prozent, bei Staatsanwälten sogar um 16 Prozent unterschritten. Nach Berechnungen des Richterbundes müsste das Land rund 700 Richter und Staatsanwälte einstellen.
In einer noch unveröffentlichten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach klagen 72 Prozent der Richter und Staatsanwälte, dass sich die Bedingungen für eine gute Rechtsprechung in den vergangenen Jahren verschlechtert haben. 85 Prozent beurteilen die personelle Ausstattung der Gerichte als “schlecht”.
Vier von fünf Staatsanwälten gaben an, sie hätten nicht genug Zeit für die Bearbeitung ihrer Fälle. Und fast drei Viertel der Staatsanwälte fühlen sich in Wirtschaftsverfahren den Verteidigern der Angeklagten unterlegen.
Die dem SPIEGEL vorliegende Studie wurde im Auftrag der Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG unter 1770 Richtern und Staatsanwälten durchgeführt.