Celler Generalstaatsanwaltschaft deckt PING-Betrüger mit peinlichen Blindzitaten und hahnebüchenen Unsinn, 04.02.2011
Manche Staatsanwälte zeigen sich mitunter geradezu verfolgungswütig; in anderen Fällen muss man sie hingegen zum Jagen tragen. Verständlich ist manchmal beides nicht.
Das außergewöhnlich schwach ausgeprägte “Jagdverhalten” niedersächsischer Strafverfolger in Bezug auf das massenhafte Anpingen ahnungsloser Bürger per Telefon unter Übertragung einer kostenpflichtigen Rückrufnummer (“PING-Betrug”) und die Frage der Strafbarkeit dieses “Geschäftsmodells” ist nun Gegenstand eines höchst lesenswerten Aufsatzes der deutsch-schweizerischen Rechtswissenschaftlerin und emeritierten Professorin Regina Ogorek. Sie rechnet in der kritischen juristischen Zeitschrift “Myops. Berichte aus der Welt des Rechts” (Beck-Verlag) mit der Arbeit der Staatsanwaltschaften in Celle und Hannover ab.
In ihrem Aufsatz “PING oder Signal fatal! Vom justizgestützten Missbrauch des Computers” (hier die Vorstellung des Heftes im Beck-Shop mit dem Artikel als kostenlose Leseprobe) weist sie nach, dass die von der Generalstaatsanwaltschaft Celle zur Rechtfertigung der Untätigkeit der Strafverfolgungsbehörden gegenüber den Pingbetrügern verwendeten Quellennachweise bestenfalls als peinliches “Blindzitat” bezeichnet werden dürfen.
Der Kerninhalt der die Betrugsstrafbarkeit ablehnenden Begründung der Celler Strafverfolger besteht in der Behauptung, Unaufmerksamkeit sei vom Strafrecht nicht geschützt. Ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Celle schreibt in einer Beschwerdeentscheidung, mit der die Einstellung eines in Hannover wegen Pingbetrug geführten Ermittlungsverfahrens als rechtmäßig gedeckt wird, wörtlich:
“Wenn sie sich dafür entscheiden, eine unbekannte Nummer anzurufen, ohne dass sie wissen, welche Gebühren dafür anfallen könnten, ist dies ihr eigenes Risiko.”…
Zwar darf man leider getrost davon ausgehen, dass in unserem Land Staatsanwälte, die solch einen hanebüchenen Unsinn verzapfen, leider wohl eher nicht mit Ermittlungen wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt behelligt werden. Immerhin bleibt zu hoffen, dass der landauf landab deutlich geäußerte Unmut vieler Bürger über derartige Vorgänge wenigstens langfristig dazu führt, dass die Karriere derartiger “Organe der Rechtspflege” einen möglichst tiefen Knick bekommt und dass sie künftig nicht mehr allzuviel Unsinn anrichten dürfen.
StA Hamburg: Kritik an Einstellungspraxis anderer Staatsanwaltschaften bei Abofallen, 11.06.2010
Tausende Anzeigen, jahrelange Ermittlungen, sang- und klanglose Einstellung. Nach Auffassung des Sprechers der Staatsanwaltschaft Hamburg muss das offenbar nicht das letzte Wort sein.
Wie die Bergerdorfer Zeitung in ihrer Online-Zeitung berichtet, nahm der Pressesprecher der Hamburger Staatsanwaltschaften Wilhelm Moellers mit folgenden bemerkenswerten Worten zur Praxis der Strafbarverfolgung von Abofallen in Deutschland Stellung:
„Im Gegensatz zu den Staatsanwaltschaften beispielsweise in Darmstadt oder München, die derartige Verfahren häufig einfach einstellen, handeln wir.”
Deutlicher kann Kritik von einem Staatsanwalt wohl kaum formuliert werden. Na dann, frischauf ans Werk!
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