So leicht kommt man davon (28.01.2011)
Im Prozess gegen Yunus k. und Rigo B. wurde heute das Urteil gesprochen. Freispruch. Soweit, so gut.
Aber: so leicht kommt man davon? Damit meinen wir nicht die beiden Jugendlichen, die nun nach 7 ½ Monaten U-Haft endlich freigesprochen wurden, sondern die ermittelnden Beamten und den Ankläger, Oberstaatsanwalt Knispel und den gesamten Prozessverlauf, der durch die Vorsitzende Richterin Petra Müller in einer langen Ansprache schön geredet und verharmlost wurde. Alle, so betonte die Richterin, haben sorgfältige Arbeit geleistet. Es seien sogar hin und wieder von den Ermittlern kleine Fehler eingeräumt worden, was für die besondere Aufrichtigkeit der Anklage und der Ermittler spreche.
Die überlange U-Haft begründete sie damit, dass es nichts Besonderes sei, manchmal sei eben nur ein einziger Zeuge ausreichend, wie in Sexualstrafverfahren zum Beispiel. Damit kehrt die Richterin unter den Tisch, dass es in diesem Verfahren viele und sehr präzise Aussagen von Zeugen gibt, die die beiden Angeklagten durchweg entlastet haben.
Die Richterin beklagt, dass die Würde des Gerichts durch die Kommentare der Öffentlichkeit und der Verteidigung angegriffen wurde. Die Richterin erwähnt mit keinem Wort, dass die Würde der Angeklagten durch die ungeheuerliche und substanzlose Unterstellung der Anklage angegriffen wurde. Sie findet kein Wort der Anteilnahme mit den Jugendlichen. Zudem kritisiert sie die Begleitung des Prozesses durch die Öffentlichkeit als demokratiefeindlich. Soweit wir das verstehen, ist es das Wesen der Demokratie, Öffentlichkeit zuzulassen.
Da wir alle, die zahlreichen Prozessbeobachter, anwesend waren, alle Prozesstage begleitet haben und die haarsträubenden Widersprüche in den Aussagen der Ermittler gehört und erlebt haben, empfinden wir ihre Urteilsbegründung als schamlosen Versuch, die Ermittler und den Oberstaatsanwalt zu schützen und damit so ganz nebenbei auch die eigenen Fehler zu vertuschen.