Das soll eine Unterschrift sein?, Karriere Spiegel, 31.01.2016
Ein Mann klagt und verliert. Dann will er in die Berufung gehen. Sein Anwalt setzt eine Berufungsschrift auf, unterschreibt, schickt das Dokument zum Gericht. Das aber nimmt die Berufung nicht an, denn: Das Gekrickel unter der Berufungsschrift ist bestenfalls eine Paraphe, also ein Namenskürzel. Eine Unterschrift erkennen sie aber nicht. Und deshalb handele es sich auch um keine rechtsgültige Berufungsschrift.
…Unterschriften sind etwas Faszinierendes. Ob die fünfhubige Zackenlinie auf einem ärztlichen Rezept noch den Namen des verordneten Medikaments meint oder schon den Namen des Arztes, weiß oft nur der Apotheker. In diesem Fall war doch klar, was der Kringel unter der Berufungsschrift meint: Der Name des Anwalts stand maschinengeschrieben darunter.
Eine Unterschrift soll nicht nur der Identifizierung des Urhebers dienen. Sie soll laut Gericht auch den “unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen”. …
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, 5 AZR 849/13)
Die Staatsanwaltschaft lässt Unterschriften natürlich gerne vollständig weg:
bundesjustizministerium17ago
Die Unterschrift nach ständiger Rechtsprechung des BGH:
- die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen
- und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen,
- die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen.
- Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt.
„…die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist“ (BGH, Beschluss vom 26.4.2012,VII ZB 36/10).
Sie wollen sich verstecken und auch nicht mit der Unterschrift die Verantwortung tragen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 1. Oktober 2014 (AZ: 6 C 35.13) das Auskunftsrecht der Presse gestärkt. Der Deutsche Anwaltverein (DAV), der für das Verfahren eine finanzielle Unterstützungszusage gegenüber dem Kläger erklärt hatte, begrüßt das Urteil. Damit ist das Auskunftsersuchen der Presse, die Namen von Personen, die an einem Gerichtsverfahren mitgewirkt haben, zu erfahren, gestärkt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr entschieden, dass auch die Namen des Staatsanwalts und des Verteidigers mitgeteilt werden müssen. Das Persönlichkeitsrecht dieser Personen stehe hinter dem grundrechtlich geschützten Auskunftsinteresse der Presse zurück. Sie stünden Kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ein berechtigtes Interesse, ihre Identität nicht gegenüber der Presse preiszugeben, sei angesichts der hohen Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtstaatliches Gerichtsverfahren nur dann anzunehmen, wenn sie erhebliche Belästigung oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit zu befürchten haben. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Es könne nicht den staatlichen Stellen überlassen werden, darüber zu bestimmen, welche Information unter welchen Aspekten von Nöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zwecke einer möglichen Berichterstattung über Gerichtsverfahren im Recherchewege aufzubereiten. „Der Staat hat nicht in eine journalistische Relevanzprüfung einzutreten“, heißt es in dem Urteil.
Der Deutsche Anwaltverein hat das Verfahren unterstützt. Hierzu erklärt der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer: „Es gehört zur Demokratie, dass Beteiligte an Urteilen mit ihrem Namen zu ihrer Verantwortung stehen“.