Künast muss Beschimpfungen hinnehmen, tagesschau.de, 19.09.2019
“Stück Scheiße” oder “Geisteskranke” können laut Landgericht Berlin zulässige Meinungsäußerungen sein. Die Grünen-Abgeordnete Künast muss diese und andere herbe Beschimpfungen auf Facebook hinnehmen. Politiker sind empört.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast ist vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, gegen Beschimpfungen auf Facebook gegen sie vorzugehen. Laut einem Beschluss des Landgerichts Berlin stellen entsprechende Kommentare “keine Diffamierung der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen” dar.
Hasskommentare: Gericht mit Kehrtwende im Fall Künast, tagesschau.de, 21.01.2020 ( LG Berlin 27 AR 17/19)
Durfte Renate Künast in Kommentaren zu einem Facebook-Post als “Stück Scheisse”, “Schlampe”, “Drecks Fotze”, als “hohle Nuß, die entsorgt gehört” und als “Sondermüll” bezeichnet werden? Im September 2019 beantwortete das Landgericht Berlin diese Frage mit Ja. Nun kommt es zu einem anderen Ergebnis und ändert seinen Beschluss von damals teilweise ab.
…Die Politikerin habe nun das erste Mal den vollständigen Facebook-Beitrag vorgelegt, unter dem die Kommentare standen – also nicht nur Ausschnitte, heißt es in dem geänderten Beschluss.
Neu war für das Gericht auch, dass der Betreiber der Facebook-Seite seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und “in vielen Presse- und TV-Beiträgen als Prototyp der deutschen ‘Fake-News’ Szene beschrieben” werde.
Zudem sei dem Gericht inzwischen durch ein anderes Verfahren bekannt geworden, dass der Mann “öffentlich Hetze gegen Personen des liberalen bis linken politischen Lagers” betreibe, unter anderem auf einem eigenen Blog. All das rückt die Facebook-Kommentare aus Sicht des Gerichts nun in ein anderes Licht.
…Im Einzelnen geht das Gericht deshalb nun davon aus, dass die Kommentare teilweise unzulässige Schmähkritik sind – also eine bloße Herabsetzung der Person, keinerlei Auseinandersetzung in der Sache.
So erschöpften sich die Kommentare etwa in Schimpfwörtern – “Schlampe” und “Drecks Fotze”. Oder aber sie seien “offen eine Anspielung an die Vernichtung von Menschen während des Nationalsozialismus” – wie die Bezeichnung von Künast als “hohle Nuß, die entsorgt gehört” und als “Sondermüll”.
In seinem ersten Beschluss hatte das Gericht dies noch als “überspitzte Kritik” eingeordnet. Daran wird nicht mehr festgehalten, weil der Betreiber der Facebook-Seite dem “sehr rechten Spektrum” zuzurechnen sei. Damit sei der Kommentar “ein Angriff auf die Menschenwürde” der Politikerin “in dem Sinne, dass ihr die personale Würde abgesprochen, sie als unterwertiges Wesen beschrieben werden soll”.
16 weitere Kommentare lässt das Landgericht trotzdem weiterhin als von der Meinungsfreiheit geschützt durchgehen. Künasts Anwälte haben bereits angekündigt, diese Entscheidung in der zweiten Instanz vor dem Berliner Kammergericht angreifen zu wollen.