Weil ein betrügerischer Rechtsanwalt und Notar treuhänderisch hinterlegtes Geld in Millionenhöhe veruntreut hat, stand ein Groner Kollege über Jahre vor dem Ruin. Sechs Jahre musste Hans-Josef Öynhausen vor Gericht streiten, um wenigstens einen Teil des Geldes von der Versicherung erstattet zu bekommen. Doch sein Schaden ist viel höher.
Gegen Fehler und Geldverlust von Mandanten sind Rechtsanwälte versichert; bei Schäden durch betrügerische Notare hilft der Vertrauensschadensfonds der Notarkammern – sollte man meinen. Wie schwer es ist, im Schadensfall tatsächlich Hilfe zu bekommen, hat der 59 Jahre alte Jurist aus Grone erfahren müssen. Selbst Notar, hat er darauf vertraut, bei einem Kollegen treuhänderisch hinterlegtes Geld sei sicher: ein folgenschwerer Irrtum.
Es begann 2003 als ganz normales Mandat. Ein alter Kunde bat, über die Notar- und Anwaltskanzlei Öynhausen treuhänderisch Geld hinterlegen zu dürfen, um die Summen als Sicherheit für eine Kreditbeschaffung vorweisen zu können. Gleich mehrere Mandanten zahlten auf eigens angelegte Konten zusammen 1,33 Millionen Euro ein.
8,4 Millionen abgeräumt
Nach Abschluss der Verträge leitete Öynhausen das Geld vereinbarungsgemäß an den Notar Christian A. in Neustadt am Rübenberge weiter. Ein Fehler, wie sich viel später erwies. A. entpuppte sich als Gauner. Er räumte alle Konten ab.
Nur wenn für jeden einzelnen Mandanten formell ein Notaranderkonto eingerichtet worden und eine notarielle Urkunde ausgestellt worden wäre, so argumentierte später die Notarversicherung, wäre es ein durch den Fonds geschütztes Notargeschäft gewesen. Der Notar sei aber gar nicht als Notar tätig geworden, der von ihm verursachte Schaden also nicht abgesichert.
Aus den Krediten jedenfalls wurde nichts: A. veruntreute das Geld – 8,4 Millionen Euro insgesamt. Von Öynhausens Mandanten waren es 1,33 Millionen. Und obwohl A. überführt und verurteilt wurde und er inzwischen im fernen Kambodscha ums Leben gekommen sein soll – falls er sich nicht doch mit dem ergaunerten Geld abgesetzt hat – ist bis heute kein Cent aufgetaucht.
Natürlich wollten Öynhausens Mandanten ihr Geld zurück. Sie verklagten ihren Anwalt – und gewannen. 1,33 Millionen war der Rechtsanwalt dadurch schuldig. Er war jetzt der Geprellte, nicht jene, die auf dubiose Kreditzusagen eingegangen waren.
Öynhausen hatte sich nach Bekanntwerden der Untreue selbst angezeigt und war strafrechtlich entlastet worden. Er hatte seine Vermögensschadenversicherung informiert, doch die weigerte sich zu zahlen. Durch zwei Instanzen musste er seine Versicherung verklagen, bis diese Ende 2008 vollumfänglich zur Zahlung verurteilt wurde. Weil aber die Haftung auf eine Million Euro begrenzt war, muss Öynhausen den Rest von 330000 Euro selbst tragen.
Dabei war sein Schaden durch die jahrelange Weigerung der Versicherung immer weiter gestiegen: Weil die Mandanten Geld zurück wollten, kam es zu Vollstreckungsmaßnahmen. 180000 Euro hatte er gezahlt, dann drohte die Zahlungsunfähigkeit. Das bemerkte die Dienstaufsicht der Notare; das Oberlandesgericht wurde aktiv. Öynhausen wurde mit Verweis auf seine – wie inzwischen klar ist, unverschuldeten – wirtschaftlichen Verhältnisse zum 1. Juli 2005 vorläufig des Amtes als Notar enthoben. …