Vorwurf Rechtsbeugung: Anwalt auf der Anklagebank, Frankenpost, 19.08.2012
Der mit Spannung erwartete Prozess gegen den Wunsiedler Stadtrat und Rechtsanwalt Michael Flood vor dem Amtsgericht in Wunsiedel dauert am Dienstagnachmittag lediglich 20 Minuten.
Wunsiedel – Der mit Spannung erwartete Prozess gegen den Wunsiedler Stadtrat und Rechtsanwalt Michael Flood vor dem Amtsgericht in Wunsiedel hat am Dienstagnachmittag lediglich 20 Minuten gedauert. Dann folgte Amtsrichter Roland Kastner dem Vorschlag von Staatsanwältin Ines Plenk, die Verhandlung bis Dienstag, 25. September, zu unterbrechen. Vorausgegangen war ein minutenlanger Wortwechsel zwischen Kastner und Flood.
Der Richter hatte die Sitzung mit einer dienstlichen Stellungnahme begonnen. Dabei ging er auf den Frankenpost-Artikel “Anklage wegen Beleidigung” vom Samstag, 15. September, ein. Und vornehmlich auf diese Passage: “Für ihn (Flood, Anmerkung der Redaktion) hat dies offensichtlich einen parteipolitischen Hintergrund. Denn SPD-Mann Flood verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Strafrichter Roland Kastner Fraktionsvorsitzender der CSU im Arzberger Stadtrat ist.”
Der Amtsrichter erklärte, dass der Angeklagte mit derlei Behauptungen die Objektivität und die Unvoreingenommenheit des Gerichts in Zweifel ziehe. “Sie, Herr Flood, werfen mir Rechtsbeugung vor. Das ist der schlimmste Vorwurf, dem man einem Richter machen kann”, sagte der Richter. Er legte dar, dass dem Angeklagten und seinem Rechtsanwalt Kay Schnarrer Kastners ehrenamtliche Tätigkeit in Arzberg seit Langem bekannt sei. Vonseiten der Verteidigung sei keinerlei Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters geäußert worden.
Kastner ging auch auf den von ihm unterzeichneten Strafbefehl gegen Flood wegen Beleidigung von Mitarbeitern der Stadt ein. Flood hält die Geldstrafe im höheren vierstelligen Bereich für einen “unbescholtenen Ersttäter für völlig unangemessen”. Laut Amtsrichter habe es sich um einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwalt Hof gehandelt. Diesen habe er zunächst geprüft und dann unterzeichnet. Die beantragte Höhe der Geldstrafe habe er für angemessen gehalten. “Die Unterschrift unter dieses Urteil hat nichts mit meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in Arzberg zu tun”, sagte Kastner. Es sei für ihn verwunderlich, dass Flood “ins Blaue hinein” behaupte, bei der Geldstrafe hätten parteipolitische Erwägungen eine Rolle gespielt.
Bevor er entscheiden wolle, ob er angesichts der Vorwürfe den Prozess überhaupt führen könnte, gab der Richter dem Angeklagten die Gelegenheit, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. …