Öffentliche Verfahren, Twittern aus dem Gerichtssaal kann nicht einfach verboten werden
Ein Vorsitzender Richter des LG Mannheim hat in einer Zivilverhandlung das Twittern aus dem Gerichtssaal untersagt. Der mediale Alltag ist in der Justiz angekommen und wird offenbar nicht goutiert. Dabei gibt es keine Rechtsgrundlage, um das Zwitschern live vom Prozess zu unterbinden, meint Martin W. Huff.
Gerichtsverhandlungen sind in Deutschland öffentlich, es sei denn, die Öffentlichkeit wird aufgrund gesetzlicher Vorschriften ausgeschlossen. Quantitative Beschränkungen gibt es hinsichtlich der Zahl der Plätze, die notfalls zugeteilt werden müssen. Außerdem sind Ton- und Filmaufnahmen aus dem Gerichtssaal nach dem Beginn der Verhandlung nach § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) untersagt. Ausnahmen von diesem Verbot gibt es nur für Verhandlungen beim Bundesverfassungsgericht.
Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob es darüber hinaus gehend schon untersagt werden darf, Telefon auch nur mitzuführen. Man muss differenzieren zwischen den Typen von Mobiltelefonen. Ein Verbot wäre möglich, wenn die Gefahr besteht, dass Bilder gemacht werden, also gegen das Fotoverbot des § 169 S. 2 GVG verstoßen würde. Dann dürfte das Verbot aber nur solche Telefone umfassen, die eine Fotomöglichkeit überhaupt bieten. Es gibt aber immer noch Telefone, die keine Kamera enthalten. Schon deshalb erscheint es äußerst fraglich, ob man das Mitführen von Telefonen bei der Verhandlung generell verbieten kann.
Wer aus dem Saal Meldungen schreibt, tut nichts anderes. Er benimmt sich nur unauffälliger und leiser, als wenn er den Saal verließe.
Einen anderen Charakter hat sein Verhalten nicht.Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Der Zugang zum Saal muss ebenso jederzeit möglich sein wie dessen Verlassen. Jeder Zuschauer kann und darf also den Saal verlassen und draußen erzählen, was drinnen passiert ist. Er kann dazu Stellung nehmen und seine Einschätzung wiedergeben.
Auch die Begründung, das Schreiben von Meldungen störe, kann nicht ernsthaft vorgebracht werden. Es ist gestattet, im Saal mitzuschreiben und auch verglichen mit dieser erlaubten Handlung ist das Verfassen und Versenden von Meldungen nichts anderes.
Das Recht, aus dem Gerichtssaal Meldungen zu schreiben, ist Teil der Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens. Auch und gerade Journalisten dürfen sich dabei auf ihre Informationsfreiheit aus Art. 5 GG stützen, denn das rasche Verbreiten von Meldungen gehört heute zum medialen Alltag. Gründe, diese Freiheit einzuschränken, wären nur in ganz engen Grenzen möglich.
Sitzungspolizeiliche Anordnungen im Saal, die das Schreiben von Meldungen untersagen, wären rechtlich kaum haltbar. Die Benutzung von Mobiltelefonen mit Fotofunktion kann zwar grundsätzlich eingeschränkt werden, die Anordnung müsste aber den Beteiligten wirksam mitgeteilt werden. Und wenn ein Richter bei einem Verstoß ein Ordnungsgeld verhängen sollte, kann man dagegen Rechtsmittel einlegen.