Mehrfronten-Kampf mit der Justiz, Stuttgarter-Zeitung, 14.12.2013
Großes Vertrauen in die Justiz hatte Bernhard Schmitz (Name geändert) ohnehin nicht mehr. Unrecht statt Recht, meint der frühere IBM-Manager aus Reutlingen, sei ihm vor dem Landesarbeitsgericht widerfahren. Das habe seine Mobbing-Klage gegen den einstigen Arbeitgeber mit einem Urteil abgewiesen, in dem der Sachverhalt vorsätzlich verkürzt und so grob verfälscht worden sei.
Schon in der Verhandlung fühlte sich Schmitz von dem Vorsitzenden Richter unter Druck gesetzt, einem aus seiner Sicht inakzeptablen Vergleich zuzustimmen. In der Entscheidung sah er die Fakten derart „frisiert“, dass auch die Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht scheitern musste – und scheiterte. Sein mehrjähriger Konflikt mit dem IT-Konzern, der ihn stufenweise vom Vertriebsmanager zum Juniorverkäufer degradiert habe, sei darin auf wenig Monate reduziert worden. Nur so habe das Gericht die Klage abweisen können, deren Erfolg für IBM weitreichende Konsequenzen gehabt hätte.
…Doch seit er strafrechtlich gegen die Richter und zivilrechtlich gegen das Land vorgeht, sind seine Zweifel an der Justiz noch massiv gewachsen. Da wurde seine umfängliche Strafanzeige wegen Rechtsbeugung von der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Rekordtempo abgewiesen, ohne dass die Ermittler sie überhaupt komplett gelesen hatten. Und im Zivilverfahren vor dem Landgericht Stuttgart um Schadenersatz und Schmerzensgeld wird das Land von der gleichen Generalstaatsanwaltschaft vertreten, die auch die Stuttgarter Staatsanwälte beaufsichtigt. Ein Urteil wegen Amtspflichtverletzung setzte freilich voraus, dass sich die Richter strafbar gemacht hätten – da schließt sich der Kreis.
Fast ein Jahr lang hatte Schmitz an der Strafanzeige gearbeitet, beraten von einem Reutlinger Rechtsanwalt und im Kontakt mit einem bundesweit renommierten Rechtsgelehrten. Alleine auf das längst rechtskräftig gewordene Urteil, wusste er, könnte er den Vorwurf der Rechtsbeugung nicht stützen. Aber es gibt zwei Zeugen, die den Verlauf der Verhandlung ganz oder teilweise mitprotokolliert haben. Aus deren Aufzeichnungen ergebe sich, wie groß die Diskrepanz zwischen dem bei Gericht vorgetragenen Sachverhalt und dem später im Urteil dargestellten sei. Sie könnten bestätigen, wie er vom Vorsitzenden Richter unter Druck gesetzt, ja „fertig gemacht“ worden sei. Dessen Vorgehen – aus welchen Gründen auch immer – offenbare ein „hohes Maß an krimineller Energie“. Am Ende umfasste die Anzeige mehr als 500 Seiten, einen prall gefüllten Aktenordner.
Kann eine Generalstaatsanwaltschaft, die eine Prozesspartei vertritt, zugleich unbefangen den Vorwurf der Rechtsbeugung prüfen? Kein Problem, sagt der Behördensprecher. Eine Interessenkollision gebe es „weder im Allgemeinen noch in dem konkreten Einzelfall“. Wegen des Legalitätsprinzips dürfe es bei der Entscheidung über eine Strafanzeige keine Rolle spielen, ob der Anzeigeerstatter das Land verklagt habe. Der zuständige Dezernent der Generalstaatsanwaltschaft habe bei der Prüfung der Klage indes keine Anhaltspunkte für Rechtsbeugung gesehen. Andernfalls hätte er „die zuständige Staatsanwaltschaft informiert“.
Man sei also „nicht voreingenommen“, bilanziert der Sprecher, weshalb sich auch die Frage der Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft nicht stelle. Auch über die Beschwerde werde man losgelöst von dem Amtshaftungsverfahren entscheiden. …