Solidarität mit Rolf Schälike: Wider das Prozess-Stalking und die Zensurversuche von Juristen
Rolf Schälike, als Diplom-Physiker ausgebildet und in der harten Schule der SED-Herrschaft zum Kämpfer gegen die Zensur gereift, ist ein mutiger Mann.
Über seinen “Watchblog für Presserechtsverfahren” hatte im letzten Dezember anerkennend René Martens in der taz berichtet.
Schon im Juni hatte auch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung seinem Engagement für die Meinungs- und Pressefreiheit mehrere Seiten gewidmet.
Birger Menke schrieb dort über ihn, den (oft) “einzigen Zeugen“:
>Schälike wurde 1938 geboren, seine Eltern, überzeugte und engagierte Kommunisten, lebten im Moskauer Hotel „Lux”, der Wohnstätte der Komintern. Die Eltern verkehrten in hohen Kreisen, Vater Fritz wurde 1946 Leiter des Dietz-Verlages und blieb es bis 1962, hier erscheinen bis heute die Klassiker sozialistischer und kommunistischer Theorie.
„Als Kommunist erzogen, wusste ich angeblich besser, was das Glück der anderen ist“, sagt Schälike.
Doch er emanzipierte sich schon früh von seiner Erziehung. Zwar trat er 1960 der SED bei – doch es sollte eine kurze Mitgliedschaft sein: Als ein Auftritt des Sängers Wolf Biermann in Dresden abgesagt werden sollte, habe er mit einem Aufruf an die Parteigenossen reagiert: „Druckt sofort Plakate, verkauft Eintrittskarten, habe ich ihnen gesagt”, so Schälike.
Biermann nannte Schälike 1001 in seiner Dankesrede zum Georg-Büchner-Preis mit anderen einen „Schluck Wahrheit in den Wüsten der Lüge”.
1966 schloss ihn die SED aus der Partei aus, 194 wurde er verhaftet, wegen „staatsfeindlicher Hetze”. Er hatte Bücher verbreitet, darunter Titel von Heinrich Böll oder Wolfgang Leonhard. Das Bezirksgericht Dresden verurteilte ihn zu sieben Jahren Haft. […]
Schälike ging in Haft, trat in Hungerstreik und wurde schließlich 1985 in die Bundesrepublik abgeschoben. „Die DDR entledigt sich eines Unbeugsamen”, meldete die F.A.Z. Schälike war frei.<
Inzwischen liegt er auch in der Bundesrepublik im Clinch mit einem Berufsstand, der sich qua Ausbildung und ebenso dank dominanter Charaktermerkmale für Repression in beliebigen Staatsformen eignet: Juristen.
Sie sind hier und heute in der Lage, Menschen zumindest wirtschaftlich zu ruinieren.
Was dies konkret für Schälike bedeutet, konnte man in der taz lesen:
>Wenn der etwas andere Gerichtsreporter Rolf Schälike über Geld redet, bekommt man es ein bisschen mit der Angst: Seine juristischen Kosten beliefen sich 2009 auf 4.700 Euro pro Monat, sagt er in einem Tonfall, als ginge es um Heizung, Strom und Wasser. Insgesamt sind seit 2003 rund 150.000 Euro angefallen – sein persönlicher Preis für die Meinungsfreiheit.<
Nun steht Schälike ein weiterer Prozess bevor. Morgen vor dem Landgericht Berlin. Auf seiner Website buskeismus.de teilt er mit, worum es geht – nicht nur für ihn, sondern auch für viele andere, denen Justiz und Juristen einen Maulkorb verpassen wollen:
>Hinweis auf das gerichtliche Verfahren
86 S 6/10 Landgericht Berlin, Littenstraße
Das Landgericht Berlin wird am Mittwoch, den 17.03.2010 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (Berufungsinstanz) darüber entscheiden, ob die Berichterstattung, die ich auf meiner Webseite „www.buskeismus.de“ durchführe, als „Cyber-Stalking“ im Sinne des Gewaltschutzgesetzes anzusehen ist.
Die Verhandlung findet am 17.03.2010 um 10.30 Uhr im Raum III/3123, Landgericht Berlin, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin statt.
Vorausgegangen ist dem Folgendes:
Ein bekannter Berliner Rechtsanwalt fühlte sich durch meine Berichterstattung über seine Prozessführung für Mandanten und in eigenen Angelegenheiten verfolgt. Nachdem das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg zunächst den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt hatte, erließ das Landgericht Berlin im Beschwerdeverfahren und ohne meine Anhörung eine einstweilige Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz, in dem mir unter anderem auch verboten wurde, mich diesem Anwalt auf mehr als 50 Meter zu nähern, was die Möglichkeit einer Berichterstattung bei Anwesenheit dieses Anwaltes im Gerichtssaal unmöglich gemacht hätte.
Auf meinen Widerspruch hin hat das Amtsgericht Charlottenburg sodann am 28.04.2009 die einstweilige Verfügung aufgehoben. Dagegen wurde von Seiten des betroffenen Anwaltes Berufung eingelegt, der immer noch eine entsprechende einstweilige Verfügung durchsetzen möchte.
Gegenstand des Verfahrens am kommenden Mittwoch wird daher auch die Frage sein, ob die von mir gepflegte Art der Berichterstattung, bei der aus engagierter Laiensicht möglichst genau der Ablauf der Verhandlungen geschildert wird, als Cyber-Stalking im Sinne des Gewaltschutzgesetzes angesehen werden kann.<
Wer es kann, sollte Schälike unterstützen. Er verdient Solidarität.