Justizirrtümer – Unfehlbarkeit der Rechtsordnung menschenverachtend
Die Vorstellung völlig unschuldig hinter Schwedischen Gardinen zu sitzen, beschäftigte wohl bestimmt schon die meisten von uns. Welch tragisches, persönliches Ereignis für solch Betroffene, denen aufgrund von Justizirrtümern die Freiheit genommen und dafür sogar jahrelang einsitzen müssen.
Dabei kommt man nicht umhin, die Unfehlbarkeit der Rechtsordnung als menschenverachtend zu bezeichnen, zumal es wohl etliche Unschuldige gibt, die chancenlos weggesperrt ihrer Freilassung entgegenblicken. Was läuft da verkehrt auch in unserem Land, welches sich Demokratie nennt, die UN-Menschenrechtscharta unterzeichnet hat und dennoch der Justiz dermaßen unerschrocken den Rücken stärkt?
Unser Rechtssystem abhängig von menschlicher Willkür?
Oder wollen wir einen Schritt weitergehen und behaupten, daß man ohne weiteres unliebsame Gesellen mit ganz gezieltem Vorgehen über Jahre hinter die Mauern einer Justizvollzugsanstalt verbannen kann? Was ein wenig polemisch dialektisch sich in dieser Frage verbirgt, entspricht in manchen Fällen garantiert der Wirklichkeit. Je höher der öffentliche Druck, desto eher können sich Verfahrensfehler bei Polizei und der Gerichtsbarkeit einschleichen, die letztlich zu Fehlurteilen führen, selbst wenn niemand bewußt „nachhelfen“ will. …
Sabine Rückert, Journalisten und Autorin des Buches “Unrecht im Namen des Volkes. Ein Justizirrtum und seine Folgen” schrieb einmal: „Wie oft es in Deutschland tatsächlich zu Fehlurteilen aufgrund falscher Beschuldigungen kommt, wird nicht erforscht. Im Gegenteil – für Gerichte, Staatsanwaltschaften und sogar für die Wissenschaft sind Fehlleistungen der Strafjustiz kein Thema.“
Man muß leider feststellen, daß bei jährlich weit über 800.000 rechtskräftig erledigten Strafsachen lediglich gerade mal ca. 90 Wiederaufnahmen ihnen gegenüberstehen, was überdeutlich aufzeigt, wie unendlich schwierig die zu überwältigenden Hürden sein müssen. Daher muß man von einer relativ hohen Zahl unschuldig Verurteilter ausgehen, die chancenlos auf das Ende ihrer Haft warten. Eine Justiz und somit eine Gesellschaft, die jene ja mit ihrer Ermöglichung duldet, muß hinterfragt werden und sich den Vorwurf gefallen lassen, daß in vielen Fällen Menschenrechte mißachtet werden.
Schon Dieter Hildebrandt bemerkte völlig zurecht äußerst bissig:
“Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.”