Wenn der Augsburger Staatsschutz im Kinderzimmer steht, BR24, 22.05.2022
Um sieben Uhr in der Früh klingelt es an der Tür. Janika Pondorf liegt zu dieser Zeit noch auf dem Bett, “halbnackt”, wie sie sagt. Wenige Momente später stehen sieben Ermittler im Zimmer der damals 15-Jährigen, so berichten es die Jugendliche und ihre Mutter. Angeführt werden die Beamten vom Augsburger Staatsschutz – also jener Abteilung der Kripo, die für politische Delikte zuständig ist.
Über Stunden wird das Haus der Familie durchsucht, berichtet Janika. “Erst stand ich noch halbnackt vor den Polizisten.” Später sei sie dann alleine in einen Polizeiwagen gebracht worden, zuvor aber noch auf dem Gehweg durchsucht worden. “Ein Standardvorgehen, um eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung der Beamten auszuschließen”, sagt die Polizei.
Die 15-Jährige aber schämt sich. “Die Nachbarn standen am Fenster und haben geglotzt”, sagt Janika. Auch ihr damals drei Jahre alter Bruder und ihre 13 Jahre alte Schwester hätten die Durchsuchung miterlebt. Das Erlebte beschäftigt das Mädchen, das sich leidenschaftlich für mehr Klimaschutz einsetzt, noch lange.
…”Ein Zivilpolizist hat mich dann auf der Demo angesprochen und gefragt, ob ich an den Sprühereien beteiligt war. Ich habe ‘Nein’ gesagt.” Daraufhin habe der Mann ihre Personalien aufgenommen und sie fotografiert.
… “Eine Überwachungskamera hatte offenbar die Sprühereien aufgenommen. Darauf soll ein Mädchen zu sehen gewesen sein, das eine ähnliche Größe wie ich hatte. Und sie hatte wohl eine Jacke an, die ähnlich war wie die, die ich auf der Demo trug.” Darauf habe sich der Verdacht gegen sie begründet, hätten ihr die Ermittler gesagt.
…Die Augsburger Staatsanwaltschaft äußert sich nur grundsätzlich zu dem Vorfall. “Wenn es zu einer Hausdurchsuchung kommt, dann muss es dafür auch einen hinreichenden Tatverdacht geben”, so Sprecher Andreas Dobler. Und den habe es “nach den ersten polizeilichen Ermittlungen gegeben”.
Auch das Amtsgericht habe die Durchsuchung gebilligt und so den Verdacht ebenfalls als begründet bewertet, so Dobler weiter. …”Wir haben rechtmäßig gehandelt”, ist sich Dobler sicher.
“Es gibt ein fortlaufendes, systematisches Vorgehen gegen Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten in Augsburg”, sagt Ingo Blechschmidt, dessen Wohnung ebenfalls durchsucht worden war. Einem anderen Aktivisten sei bei der Hausdurchsuchung untersagt worden, eine Anwältin anzurufen. Die Juristin hat dem BR dies bestätigt. “Der Betroffene ist unzufrieden, dass er für die Dauer der Durchsuchung nicht telefonieren darf”, steht in dem Durchsuchungsprotokoll. …