Nicht notwendige Verwaltungserfahrung von Richtern um bei Beförderungen sachfremde politische Interessen der Executive zur Geltung zu bringen, 10.2006
…Wenn ein Richter ins Ministerium abgeordnet wird oder eine Tätigkeit in der Verwaltungsabteilung eines Gerichts übernimmt, ist bereits diese Entscheidung des Ministeriums oder des Gerichtspräsidenten gleichzeitig eine Demonstration von Machtausübung im Rahmen der hierarchischen Strukturen der baden-württembergischen Justiz.
Jeder weiß, dass dieser Richter bereits zum Zeitpunkt der Abordnung ins Justizministerium bzw. zum Zeitpunkt der Übernahme einer Verwaltungstätigkeit am Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Beförderung in „angemessenem“ Zeitabstand ausgewählt wurde. Nur wenige Gerichtspräsidenten in Baden-Württemberg sind bereit, von dieser Macht ein kleines Stück abzugeben, indem die Übernahme von Verwaltungsaufgaben zumindest gerichtsintern für alle Richterinnen und Richter ausgeschrieben wird.
c) Die Berücksichtigung von „Verwaltungserfahrung“ bei Beförderungen eröffnet dem Justizministerium die Möglichkeit, bei der Besetzung von Präsidentenposten bestimmte Interessen der Exekutive zur Geltung zu bringen, die im Hinblick auf das betreffende Amt sachfremd sind (siehe hierzu auch unten 5. b) ).
Da der Erwerb von „Verwaltungserfahrung“ von einer kontrollfreien Entscheidung der Justizverwaltung abhängt, sind solche Möglichkeiten nicht zu verhindern, wenn man zulässt, dass „Verwaltungserfahrung“ bei der Besetzung von Präsidentenstellen positiv berücksichtigt wird. Richter T. Schulte-Kellinghaus, NRV-Info 10/2006