Anwaltschaft wird Verpflichtung zur Verwirklichung des Rechtsstaats nicht gerecht, 03.09.2014

Frankfurter Rundschau 3.9.2014, Anwaltschaft wird Verpflichtung zur Verwirklichung des Rechtsstaats nicht gerecht, Zu: „Edathy scheitert in Karlsruhe” und „Edathy schlecht beraten”, Fehlerhafte Beratung ist kein Einzelfall

Herr Bommarius tadelt zu Recht den Rechtsanwalt von Herrn Edathy wegen dessen schlechter anwaltlicher Vertretung vor den Fachgerichten. Die fehlerhafte anwaltliche Beratung und Vertretung ist beileibe kein Einzelfall, sondern kommt leider sehr oft vor.

Der Präsident der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer, Dr. Michael Purrucker, hat im BRAK Magazin 01/2012 „Ist Freiheit absolut?“ seinen Kollegen u.a. folgende Vorwürfe gemacht: „Viele um ihre tägliche Existenz ringenden Rechtsanwälte liefern in ihrer Arbeit eine (beschämende) Qualität ab. … Jedes Mandat wird angenommen, egal aus welchem Rechtsgebiet. es stammt.
Das mag vor 30 Jahren noch möglich gewesen sein heute ist es ein weiterer und sicherer Schritt in Richtung Abgrund.“
Dr. Purrucker fordert deshalb, dass die Freiheit des Rechtsanwaltes unter Umständen einzuschränken ist oder aufhören muss: Das Berufsrecht müsste den einzelnen Kollegen zu kontinuierlicher Bildung und Fortbildung zwingen. Der Beruf des Rechtsanwaltes habe einen starken Gemeinwohlbezug, der Pflicht, Disziplin und damit Beschränkung der Freiheit bedeutet.
Dem kann nur zugestimmt werden. Einige weitere Zitate mögen den Missstand in der Anwaltschaft mit züm Teil verheerenden Folgen für die Mandanten untermauern.

Der Amtsrichter Klaus Burckhardt schreibt in der Deutschen Richterzeitung 1988, Seite 186: „Wenn der Beruf seinen Mann -nicht mehr ernährt und seine Frau schon gar nicht, dann bricht sich der Existenzdruck dort Bahn, wo er gerade will: bei der Kollegialität, bei der Werbung, beim Kampf um den lukrativen . Mandanten, bei der Gebührenehrlichkeit, bei der Beratung über Erfolg von Klage und Rechtsmittel, bei der vorhaltlosen Identifizierung mit dem Willen des Mandanten.“

Joachim Wagner schreibt in seiner in diesem Jahr im Verlag C.H. Beck erschienenen Mono-, graphie „Vorsicht Rechtsanwalt -Ein Berufsstand zwischen Mammon und Moral“ in der Einleitung u.a.: „20 bis 30 Prozent der Anwälte kümmern mit einem Einkommen im Bereich der Hartz IV-Sätze dahin. … Die Qualität des Rechtsrates ist in der Anwalt-. schaft bisher ein Tabu-Thema.
Nur wenige Rechtskundler geben öffentlich zu, dass es in den letzten zehn Jahres zu einem Kompetenzverlust gekommen ist. … An den Spitzen der Berufs verbände dagegen vor allem Selbstbeweihräucherung. … Die Anwaltschaft und ihre Berufsorganisationen. Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein haben es bisher versäumt, eine ehrliche und selbstkritische Standortbestimmung vorzunehmen.“ Die in dieser Monographie belegten gravierenden Missstände in der Anwaltschaft rechtfertigen den kritischen Titel.

Gemäß der von der Anwaltschaft selbst beschlossenen Berufsordnung Rechtsanwälte (BORA § 1 Abs. 2 Satz 2) „dient seine Tätigkeit der Verwirklichung des Rechtsstaats.“ Dieser selbst auferlegten Verpflichtung ist die Anwaltschaft bisher nicht annähernd gerecht geworden. Die Anwaltschaft ist zu mahnen, diese Verpflichtung auch zu erfüllen und sollte sie nicht bereit sein, die Missstände in ihrem Berufsstand im Interesse ihrer Mandanten zu beseitigen,ist die Politik gefordert/ dies durch gesetzliche Vorschriften zu erzwingen.

Horst Trieflinger, Verein gegen Rechtsmissbrauch e.V., Frankfurt

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