Tischlermeister Michael Pramann aus Eschershausen mailte uns, nach dem Hissen einer Bananenfahne “standen zwei Kripobeamte mit einem richterlichen Hausdurchsuchungsbeschluss vor meiner Haustür. Diese Fahne gibt es legal im Internet zu kaufen. Auf dem Grundstück meines Nachbarn wehte die gleiche Fahne. Er jedoch blieb unbescholten. Die Kripobeamten bestätigten mir gar, dass sich der Verfassungsschutz mit diesem Fall beschäftige. Was für ein Ingangset-zen eines Verwaltungsapparats.”
Das Stück Stoff kostet 9,99 Euro im Internet. Laut Produktbeschreibung besteht die Fahne aus 100 Prozent Polyester, ist 90 mal 150 Zentimeter groß, waschbar bei 30 Grad und mit Sicherheitsnähten doppelt gesäumt. Doch die Flagge hat eine versteckte Nebenwirkung, von der auf der Webseite nichts steht: Wer sie aufhängt, kann Ärger mit der Polizei bekommen.
So erging es Michael Pramann, Tischlermeister aus Eschershausen im niedersächsischen Landkreis Holzminden. Wegen der Fahne beschloss das Amtsgericht Hildesheim: “Wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole wird die Durchsuchung der Wohnung mit allen Nebenräumen” angeordnet. Der Beschuldigte werde verdächtigt, auf seinem Grundstück “eine mit der Abbildung einer Banane verunstaltete Deutschlandfahne aufgehängt zu haben”. Dies sei “mit Strafe bedroht gemäß § 90 a Strafgesetzbuch”.
…Aber auch wenn man die Fahne öffentlich zeigt, so wie Michael Pramann vor seinem Haus oder die taz auf einem Foto, muss das nicht immer eine Strafe nach sich ziehen. Privatleute können sich etwa auf die Meinungsfreiheit berufen, die taz auf die Pressefreiheit – und dann kommt es auf eine Abwägung an.
Im Fall der Bananenflagge wiegen die Grundrechte schwerer. Bereits Ende 2008 entschied die Staatsanwaltschaft bei einem anderen Bananenflaggen-Aufhänger: “Das öffentliche Hissen der Flagge stellt, anders als beispielsweise provokatives Aufstellen der Bundesflagge in einem Misthaufen, keine Verunglimpfung der Flagge dar.” …
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Bananenrepublik-Variante deutscher Flagge erlaubt, Die Welt, 08.01.2009
Beim Anblick des Fahnenmasts vor Erich Dierolfs Haus in Crailsheim schauen manche Passanten verdutzt. Über der Flagge Australiens prangt dort eine halb geschälte Banane vor dem Hintergrund der deutschen Nationalfarben schwarz-rot-gold. Was vielen Passanten ein Grinsen entlockt, fand ein Polizist aus Schwäbisch-Hall nicht lustig – und zeigte Dierolf an. Wegen Missbrauchs von staatlichen Symbolen. “Dabei habe ich noch nie etwas Strafbares gemacht und mit Politik oder gar Extremismus noch nie etwas zu tun gehabt”, wundert sich der 62-Jährige.
In die Bredouille brachte ihn eine Witzflagge, die frei im Internet verkauft wird. Diese war ein Geburtstagsgeschenk und sollte die deutsche Fahne ersetzen, welche seit der Fußball-WM 2006 an Dierolfs Fahnenmast flatterte und schon recht zerschlissen war. “Die Bananenflagge hat mir sehr gut gefallen und ich habe sie gleich hinausgehängt”, sagt der Dekorateur. Seine Nachbarn, erinnert er sich, hätten sich “halb totgelacht”. Nachdem die Zeitung “Haller Tagblatt” im September ein Foto der Flagge veröffentlicht hatte, verging Dierolf bald darauf das Lachen. Denn den Artikel las auch ein Polizist aus Schwäbisch-Hall, der Anzeige erstattete. “Noch am selben Tag kam die Kripo und beschlagnahmte die Fahne”, berichtet der Besitzer.
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Es folgte eine einstündige Tätervernehmung, in der sich der Beschuldigte vollauf geständig, aber keineswegs reuig zeigte. Schon einige Tage später schenkten ihm Freunde eine neue Bananenflagge, die er wiederum am Fahnenmast hochzog. Nach fast dreimonatigen Ermittlungen bekam Dierolf schließlich von der Staatsanwaltschaft Ellwangen die Nachricht, dass das Verfahren eingestellt ist.
In der Begründung heißt es: “Das öffentliche Hissen der Flagge stellt, anders als beispielsweise provokatives Aufstellen der Bundesflagge in einem Misthaufen, keine Verunglimpfung der Flagge dar.” Durch den Aufdruck der Banane werde “nicht die Flagge selbst empfindlich geschmäht oder besonders verächtlich gemacht”, sondern “allenfalls die Bundesrepublik Deutschland konkludent als ‘Bananenrepublik’ bezeichnet”, heißt es juristisch spitzfindig in der Begründung. Diese Bezeichnung sei weder eine üble Beschimpfung noch eine böswillige Verächtlichmachung, argumentiert die Staatsanwaltschaft weiter.
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Bananenflagge hängt nicht mehr, inSuedthueringen.de, 16.01.2013
Zella-Mehlis – Im Beisein von zwei Beamten der Suhler Polizei hat Hauseigentümer Heiko Messerschmidt am Dienstag die Deutschlandflagge mit der halb geschälten Banane eingezogen. Seit Sonntag hing die schwarz-rot-goldene Fahne mit Obst vor seinem Haus, dem ehemaligen Postgebäude neben dem Rathaus.
Die Polizisten standen Mittag vor seiner Tür. Eine Meininger Staatsanwältin hätte die Sicherstellung der Fahne angeordnet. Wäre Messerschmidt dieser Aufforderung nicht freiwillig nachgekommen, hätten die Beamten das 1,50 mal 2,50 Meter große Stück Stoff beschlagnahmt. Hintergrund ist der Paragraf 90 a des Strafgesetzbuches, Absatz 2, der Strafe androht für jeden, der eine “öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland … zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt.”
Markus Knapp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Meiningen, bestätigte, dass es ein Ermittlungsverfahren bei der Polizei gäbe. “Sie gehen dem Verdacht der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole nach.” Die Ermittlungen seien noch nicht an die Staatsanwaltschaft übergeben, “aber bei Staatsschutzdelikten werden wir immer relativ früh ins Boot geholt”, so Knapp.
Urteil: Deutschland darf mit Flagge als “Bananenrepublik” tituliert werden, 16.03.2013
Das Landgericht Meiningen hat entschieden, dass es legitim ist, die Bundesrepublik Deutschland mittels einer Flagge als “Bananenrepublik” zu titulieren.
Geklagt hatte ein Bauunternehmer, der auf diese Weise auf “Missstände in Zella-Mehlis und im Staat” aufmerksam machen wollte. Polizisten hatten die Fahne beschlagnahmt.
In der Urteilsbegründung heißt es, dass eine “Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole” nicht vorliege. Der Kläger habe lediglich seinen Protest gegen seiner Meinung nach korrupte und nach Mafiaart handelnde Bedienstete ausgedrückt. Dies sei vom Recht auf freie Meinung gedeckt
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