…Dieses Vorgehen bewerteten das LG, der BGH und das BVerfG – anders als die zuständige Staatsanwaltschaft – als mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar. “Die Ermittlungsbehörden sollen Straftaten verfolgen, nicht sie verursachen” heißt es in dem Beschluss von Donnerstag, von einem Versagen der Staatsanwaltschaft bei der Kontrolle des Verfahrens ist dort die Rede.
“Im Grunde können Sie fast jeden Menschen zu einer Straftat bewegen, wenn Sie ihm genug Hilfestellungen und Anreize bieten”, sagt Professor Robert Esser vom strafrechtlichen Lehrstuhl der Universität Passau. “Deshalb finde ich es erfreulich, dass das BVerfG derartigen Ermittlungsmethoden eine so deutliche Absage erteilt hat.”
Aus Sicht der Beschwerdeführer weniger erfreulich sind allerdings die Konsequenzen, die das BVerfG aus seiner Bewertung zieht. Das Gericht betont, dass es sich bei den Beschwerdeführern immerhin nicht um vollends unbescholtene Bürger handele, sondern dass der Verdacht des Rauschgifthandels von Anfang an bestanden habe. Auch seien sie in ihrer Entscheidung, trotz der diversen Anregungen und Lockungen des V-Mannes, letztlich frei gewesen.
Da das Rechtsstaatsprinzip nicht nur den Angeklagten, sondern auch das Interesse an einer der materiellen Gerechtigkeit dienenden Strafverfolgung schütze, komme eine Verfahrenseinstellung nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Um einen solchen könnte es sich hier zwar handeln, so die Verfassungsrichter. Allerdings habe das LG der Tatprovokation bereits hinreichend Rechnung getragen.
So habe es beim Haupttäter einen Strafabschlag von mindestens fünf Jahren und sieben Monaten vorgenommen. Strafrechtler Esser reicht das nicht: “Der EGMR hat in der Entscheidung Furcht gegen Deutschland aber Ende vergangenen Jahres klargestellt, dass eine reine Rechtsfolgenlösung in Fällen der Tatprovokation nicht ausreicht. Schließlich sind knappe 50 Prozent von zehn Jahren Haft immer noch deutlich mehr als 0 Prozent von zehn Jahren Haft”.
In jener Entscheidung (v. 23.10.2014, Az. 54648/09) verlangt der EGMR zusätzlich ein Beweisverwertungsverbot für die Aussagen der V-Person im Strafverfahren. Ein solches hatte das LG zwar nicht ausdrücklich angenommen, faktisch aber in seiner Beweiswürdigung die – ohnehin nur mittelbar in den Prozess eingeführten – Aussagen des V-Mannes nicht zum Nachteil der Täter berücksichtigt. Dies, zusammen mit dem Abschlag beim Strafmaß, lässt das BVerfG genügen. …