Viereinhalb Jahre war Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo-Bay inhaftiert. Ohne Anklage oder Verfahren, zunächst ohne Kontakt zur Außenwelt.
Kurnaz berichtete von Folter und grausamer Behandlung, die er nach seiner Festnahme in Afghanistan und während seiner Haft in Guantánamo erlitt. Unter anderem sei er in Afghanistan mit Elektroschocks gefoltert und sein Kopf in einen Eimer mit kaltem Wasser getaucht worde. In Guantánamo sei er nach einem Verhör, in dem er sexuell gedemütigt worden war, geschlagen und anschließend isoliert worden.rat Kurnaz’ Aussagen sind äußerst erschreckend und glaubwürdig.
Kurnaz berichtete außerdem, dass er auch von deutschen Ermittlungsbeamten vernommen wurde. Auf seine Nachfrage, was sie mit seinen Aussagen anfangen und ob sie sich für ihn einsetzen würden, erhielt er die Antwort, über sein Schicksal hätten nicht sie, sondern die Amerikaner zu entscheiden. Zu dem rechtlichen Schwebezustand von Murat Kurnaz in US-Haft kamen Probleme mit seiner Aufenthaltsberechtigung. Geboren und aufgewachsen in Bremen, ist er zwar kein deutscher Staatsangehöriger, besaß aber eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung. Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer hatte seiner Familie geschrieben, dass er keine Möglichkeit habe, sich auf diplomatischer Ebene für Murat Kurnaz einzusetzen, da dieser kein deutscher Staatsangehöriger sei. Für die türkische Regierung ist Kurnaz jedoch ein „Deutsch-Türke“. Erst nach dem intensiven Einsatz von Rabiye Kurnaz gelangte die türkische Regierung zu der Einsicht, dass sie für ihn zuständig sei. Unter Angela Merkel teilte dann die neue Bundesregierung mit, dass sie sich in einer deutsch-türkischen Initiative bei den US-Behörden für die Freilassung von Murat Kurnaz einsetzen wolle. Ab Januar 2006 verhandelten deutsche und amerikanische Diplomaten über die Modalitäten einer Freilassung. Nach vier Jahren bestand erstmals Hoffnung auf eine Freilassung.
Am 24. August 2006 landete Murat Kurnaz auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein und kam nach viereinhalb Jahren Haft ohne Anklage frei.
NDR-Doku, Der Fall Murat Kurnaz und “Die Guantanamo-Falle”, 04.09.2011