Dienstaufsichtsbeschwerde, Wenn der Richter verbal entgleist, Handelsblatt, 18.04.2006
Ein Richter darf bei einem Wortwechsel in der mündlichen Verhandlung zwar mal einen schärferen Ton anschlagen, ausfallend darf er jedoch nicht werden.
Daher ist die Frage an einen Verfahrensbeteiligten, ob dieser den Richter nicht verstehen wolle oder zu dumm dazu sei, dem Bundesgerichtshof (BGH) zufolge eine Beleidigung, die zu Recht die Dienstaufsicht auf den Plan ruft. Die richterliche Unabhängigkeit schützt in so einem Fall nicht.
Das Dienstgericht wies die Revision eines Richter aus dem Kreis Kaiserslautern ab, der sich gegen einen Eintrag in seine Personalakte wehrte. Es ging um folgenden Vorgang: In einer Güteverhandlung um die Auslegung eines Vermächtnisses geriet der Richter in Streit mit dem Vertreter einer der Parteien. Dieser war Direktor eines anderen Amtsgerichts und warf dem Richter Voreingenommenheit vor. Diese verbale Auseinandersetzung mündete dem BGH zufolge letztendlich in der Frage des Richters, ob der Direktor ihn nicht verstehen wolle, oder zu dumm sei, ihm zu folgen. Das hatte eine Dienstaufsichtsbeschwerde zur Folge.
Widerspruch und Klage des Richters dagegen vor den Verwaltungsgerichten wegen Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit blieben genau so erfolglos wie seine Anträge vor den Dienstgerichten.
Anders als behauptet habe der Richter keine sachliche Stellungnahme zum Vorwurf der Voreingenommenheit abgegeben, entschied zuletzt der BGH. Die Äußerung sei schlicht ein verbaler Exzess und habe zu Recht die Dienstaufsicht auf den Plan gerufen. Wenn ein Richter eine Partei dermaßen herabwürdige, könne er die richterliche Unabhängigkeit nicht für sich in Anspruch nehmen. Auch das Recht auf Meinungsfreiheit gelte in solchen Zusammenhängen nicht.
Az.: RIZ (R) 3/05