Vorwürfe gegen US-Bürgerin Die angebliche Superspreaderin von Garmisch, ARD-Faktenfinder, 17.09.2020
Sie habe auf einer Kneipentour mutmaßlich viele Menschen mit Corona infiziert, die US-Bürgerin müsse hart bestraft werden, hieß es. Vorwürfe und Forderungen waren drastisch – doch die Belege dafür dünn.
…In einer Video-Überschrift sprach das Boulevardblatt gar von einer “Potenziellen Killerin”. Zudem nannte die Zeitung den Vornamen und abgekürzten Nachnamen der Frau, was zu ihrer Identifizierung führen kann.
…Doch bereits diese Angabe ist umstritten: So konnte das Landratsamt auf Nachfrage nicht angeben, ob der Frau gesagt wurde, dass sie zu Hause bleiben muss oder ob es ihr nur angeraten wurde, wie der Bayerische Rundfunk berichtete.
…Bei diesen drei Neuinfizierten gebe es einen Zusammenhang mit der 26-Jährigen: Eine Person arbeite in dem Lokal, das die Frau am Dienstag aufsuchte, zwei waren in der Vorwoche gleichzeitig mit ihr Gäste eines Irish Pub.
Bekannt wurde außerdem, dass die Frau am Dienstagabend keineswegs auf “Kneipentour” war, wie Behörden, Politiker und Medien bis heute schreiben, sondern in einem Lokal.
…Das Landratsamt kann in keiner Weise sagen, ob die Frau ihre Kolleginnen und Kollegen angesteckt hat – oder schlicht selbst dort angesteckt wurde. Weitere Neuinfektionen hätten jedenfalls keinen Kontakt mit der Frau gehabt.
Somit ist bislang keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückzuführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen “Superspreaderin” genannt wird.
Trotzdem forderte nicht nur Herrmann, sondern auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drastische Strafen: Der “Musterfall für Unvernunft” müsse “Konsequenzen haben”, sagte Söder und plädierte für “entsprechend hohe Bußgelder”. In Bayern kann bei Verstößen gegen Quarantäne-Auflagen ein Bußgeld von 2000 Euro verhängt werden. Herrmann ging sogar noch weiter und sprach von Schadensersatzforderungen. Schließlich nahm die Staatsanwaltschaft München II wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung am Montag Ermittlungen auf.
Dokumentation “nicht erwünscht” Promisause im Borchardt bleibt folgenlos, 26-.06.2020
Gegen die Regeln verstoßen, aber unbeschadet davongekommen. Rund 300 Personen speisen Mitte Mai im Berliner Nobelrestaurant Borchardt. Damit verstoßen die Anwesenden und der Wirt gegen die Corona-Verordnung der Hauptstadt und lösen einen Polizeieinsatz aus. Ein teures Bußgeld müssen sie einem Bericht zufolge aber nicht fürchten.
…Allerdings habe die Polizei keine Personalien aufgenommen und auch auf die Fotodokumentation verzichtet, schreibt die Zeitung unter Berufung auf die interne Auswertung des Falls. Das sei “von der Führung nicht erwünscht” gewesen.
Am 15. Mai hatten 300 überwiegend prominente Menschen im Borchardt gespeist. Unter ihnen waren auch FDP-Chef Christian Lindner und seine Freundin, die RTL/ntv-Journalistin Franca Lehfeldt. Der Politiker war anschließend auch deshalb in die Kritik geraten, weil er bei der Verabschiedung den befreundeten Unternehmer und Honorarkonsul von Weißrussland, Steffen Göpel, vor dem Restaurant innig umarmt hatte – ein weiterer Verstoß gegen die Corona-Verordnung.
Lindner bat anschließend um Entschuldigung: Der Vorfall sei “kein Vorsatz” gewesen, sondern “Unkonzentriertheit”, sagte er. Am Ende “bleibt man Mensch”.