Formel Frechheit, Sueddeutsche.de, 02.08.2014
Manche Menschen werden knallrot, wenn sie sich genieren. Wenn Rechtsvorschriften diese verräterischen Eigenschaften auch hätten, müsste sich jetzt die Strafprozessordnung dunkelrot verfärben – vor allem der Paragraf, der den Deal regelt, und derjenige, in dem es um die Einstellung des Verfahrens “nach Erfüllung von Auflagen” geht.
Diese beiden außerordentlich kreativen Erledigungsmethoden sollen nämlich nun im Strafverfahren gegen Bernie Ecclestone auf eine außerordentlich freche Weise miteinander kombiniert werden; und zwar so, dass der Rennsport-Unternehmer Ecclestone, Geschäftsführer der Formel 1, nach Zahlung von 100 Millionen Dollar und noch ein paar Zerquetschten ohne jede gerichtlich festgestellte Schuld aus dem Gerichtssaal spazieren kann.
Vor dem Landgericht München ist Ecclestone wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall angeklagt; Strafdrohung bis zu zehn Jahren. Erst seit Ende April wird verhandelt. …
Das Verfahren soll ohne Urteil durch bloßen Gerichtsbeschluss nach Millionenzahlung eingestellt werden. Da kann sich Ecclestone dann hinstellen und von einer weißen Weste reden, deshalb auch den Rennzirkus weiterbetreiben und so das Geld, das er dem Staat auf den Tisch gelegt hat (und noch einiges mehr), schnell wieder hereinholen. Also: Das Gericht hat keine Arbeit mehr, die Staatsanwaltschaft auch nicht, die Verteidigung einen großen Erfolg; nur die Gerechtigkeit steht dumm da. …
Gerhard Gribkowsky, der Ex-Risikovorstand der BayernLB, wurde zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er von Ecclestone 44 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld angenommen hat. Und der Bestecher soll jetzt im Schnellverfahren für spektakuläres Geld reingewaschen werden? Geld stinkt nicht, so heißt das Sprichwort. Das stimmt hier nicht; diese Millionen riechen. Sie riechen so, dass die Prozessbeteiligten rot werden müssten. Wenn das die Praxis des Deals ist: Dann müssen die einschlägigen Paragrafen abgeschafft werden.