Fall Uli Hoeneß – Leser sind enttäuscht von der Justiz, Der Westen, 15.07.2013
Bayern-Präsident Uli Hoeneß kann wahrscheinlich auf ein mildes Urteil hoffen und muss wohl keinen Gefängnisaufenthalt wegen Steuerhinterziehung fürchten. Nach einem Medienbericht will die Staatsanwaltschaft München II zwei Jahre Haft auf Bewährung beantragen, denn ein Großteil der Steuerschulden sei bereits verjährt.
Uli Hoeneß hatte Anfang des Jahres beim Finanzamt Selbstanzeige wegen eines nicht ordnungsgemäß deklarierten Kontos in der Schweiz erstattet. Diese soll allerdings nicht vollständig gewesen sein und mittlerweile hat der Bayern-Präsident eine zweite Selbstanzeige eingereicht. Laut einem Bericht des Spiegels könnte das Urteil in dem Prozess deshalb so milde ausfallen, weil ein Großteil der rund 3,2 Millionen Euro Steuerschulden angeblich bereits verjährt sei.
„Das stinkt zum Himmel und ist eine absolute Schweinerei!“
Viele unserer Leser sind fassungslos, dass Uli Hoeneß möglicherweise nur eine Bewährungsstrafe zu erwarten hat. So schreibt Facebook – User Holger Ehrhardt: „Einfach unverschämt. Ein erneuter Tiefschlag für das deutsche Rechtsempfinden. Wer soll da noch an staatliche Gerechtigkeit glauben?“ Auch Leser klaig ist dieser Meinung, doch ihn hat die Entwicklung im Fall Hoeneß nicht überrascht: „War doch von vornherein klar. Wer hätte daran gezweifelt? Es ist eine einzige Ungerechtigkeit von übelstem Ausmaße. Ich glaube nicht mehr an den Rechtsstaat. (…) Deutschland ist ein Unrechtsstaat erster Güte.“
Vielleicht darf er bald die Hölle verlassen und ins Fegefeuer des Strafgesetzbuches. Möglicherweise kommt Bayern-Boss Uli Hoeneß mit einer Bewährungsstrafe für seine Steuervergehen davon. Bei einem kurzen Prozess würden allerdings viele Fragen offen bleiben.
Leser dooplex vermutet bei dem Prozess einen Promi-Bonus für Uli Hoeneß und ist empört: „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Sogar hierbei gibt es einen Promi-Bonus.“ Auch Facebook- Nutzer Andreas Lipek sieht das ähnlich: „Wer glaubt denn noch ernsthaft, dass unsere Justiz einen der Großen hinter Gittern steckt? Es trifft immer nur die Kleinen.“
„Das ist Klassenjustiz“
Kritik am deutsche Rechtssystem übt auch Nutzer FrankNeu und sieht dabei einen größeren gesellschaftlichen Kontext: „Diejenigen, welche durch bezahlte Hungerlöhne am Existenzminimum leben, werden verhältnismäßig zu ihrem Einkommen hart bestraft. Die anderen, welche ihre Taschen jährlich mit Millionen füllen und den Hals vor Geldgier nicht voll bekommen, bezahlen die Strafe auf Bewährung aus der Portokasse und bleiben auf freiem Fuß“
Auch Leser Stan45 klagt über Ungerechtigkeit: „Bei uns aber reichen Lappalien aus und es wird rücksichtslos auch die Existenz vernichtet, mit dem Hinweis man habe sich an Recht und Gesetz zu halten. Ich erinnere mich gut an die Geschichte der 86-jährigen, die von der Polizei ins Gefängnis gebracht wurde, weil sie eine Geldbuße nicht zahlen konnte.“
„Ein Schlag ins Gesicht für den ehrlichen Steuerzahlen“
So sieht es auch Leser Hajo007:„Bewährungsstrafe? Das erklärt auch, weshalb er bisher nicht zurücktreten wollte. Mit anderen Worten: Der Multimillionär zahlt etwas Kohle nach (tut ihm ja nicht weh) und ansonsten ist nichts passiert und alles bleibt praktisch beim Alten. Was für ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen und anständigen Steuerzahlers! “ Ebenso empört ist User mansgruf: „Wieder ein Schlag ins Gesicht aller ehrlichen Bürger falls es wirklich so milde kommt! Jeder ist vor dem Gesetz gleich, nur Geldsäcke sind gleicher!“
Hintergrund
Bayern-Präsident Uli Hoeneß muss wohl keinen Gefängnisaufenthalt wegen Steuerhinterziehung fürchten: Nach einem Medienbericht will die Staatsanwaltschaft München II zwei Jahre Haft auf Bewährung betragen – denn ein Großteil der Steuerschulden soll bereits verjährt sein.
Einige Leserstimmen halten dagegen eine mögliche Bewährungsstrafe für gerecht und haben das Vertrauen in das deutsche Rechtssystem noch nicht verloren. So schreibt Leser FreieMeinungBo: „Kaum wird das deutsche Gesetz angewendet, ist es wieder Mauschelei. Dabei wird Verjährung auf alle angewendet.“ Auch Nutzer dortmunderunion versteht die Aufregung nicht: „Ein Teil der Steuerpflicht ist verjährt also sind jetzt weniger als eine Million noch offen. Und nach deutschem Gesetz gibt es dafür eine Bewährungsstrafe. Damit ist Hoeneß nicht der einzige der diese Strafe bekommt. Ob es euch nun passt oder nicht, so sind die Gesetze und das nicht nur in Bayern sondern in ganz Deutschland.“
„Alles nur eine Anti-Bayern Kampagne“
Leser Nordstaedtler wittert eine Anti-Bayern Kampagne: „Erstaunlich, wie viele Leute den Fall besser beurteilen können als ein Richter. Würde da nicht Hoeneß, sondern aus Dortmunder Sicht Herr Watzke oder aus Schalker Sicht Herr Tönnies sitzen, würde es auf einmal Verständnis für den armen Sünder regnen, zumindest durch die jeweiligen Anhänger. So hat man die einmalige Chance, das Feindbild Bayern auf die strafrechtliche Schiene noch weiter auszuleben.“
Doch gerade weil Uli Hoeneß selbst immer wieder einen hohen Moralanspruch öffentlich propagiert, sind einige Leser empört über sein Verhalten und ein möglicherweise mildes Urteil. So schreibt User Nutzernamevergeben: „Er hat sich selbst angezeigt, weil er (wie er auch selbst bestätigt hat) auf die versprochene anonyme Amnestie durch das nicht zustande gekommenen Steuerabkommen mit der Schweiz gehofft hat. Ich verstehe einfach nicht, wie man das kleinreden kann. Er hat den Staat betrogen und die ganze Zeit moralisch auf dem hohen Ross gesessen und andere Leute niedergemacht. Wie kann man so einen Mann noch respektieren und verteidigen?“
„Ulli Hoeneß hat jahrelang den Moralapostel gespielt“
WAZ.de – Leser Nebukadnezar sieht den moralischen Aspekt ähnlich kritisch: „Ein ausgesprochen widerliches Geschacher. Es muss ein deutliches Signal gesetzt werden. Bei einer öffentlichen Person mit seinen bekannten moralischen Ansprüchen ist eine Gefängnisstrafe nur gerecht und angemessen.“ Auch Facebook – User Rudolf Schäfer ist enttäuscht: „Eine absolute Frechheit. (…) Jahrelang hat er den Moralapostel gespielt und jetzt?“
Steuersündern droht das Auftauchen weiterer CDs aus der Schweiz – und davor retten sich immer mehr per Selbstanzeige. Viermal mehr zählt das Finanzministerium NRW seit dem Scheitern des Abkommens mit dem Nachbarland. Die “Hoffnung auf eine Amnestie ohne Preisgabe der Identität” sei futsch.
Nutzer flarak fordert als Lehre aus diesem Fall eine Anhebung der Verjährungsfristen: „Das ist ein Skandal. Der Verdacht liegt nahe, dass lange genug der Deckel auf der Angelegenheit gehalten wurde, um das Ausmaß der Steuerhinterziehung noch unter die Millionenschwelle zu drücken. Eine Lehre daraus kann nur die Anhebung der Verjährungsfristen und die weitere Verschärfung des Strafmaßes sein.“ Auch Facebook – User Alexander Canisius kritisiert die derzeitige Regelung der Verjährungsfrist: „Politiker hätten schon vor Jahren auf schwere Steuerhinterziehung 30 Jahre Verjähren ansetzen sollen. Gerechtigkeit sollte nicht verjähren können. Das ist ein Schlag aller ehrlichen Deutschen ins Gesicht.”