Scholl-Hinrichtung Würdevoller Umgang mit Guillotine, Süddeutsche.de, 11.01.2014
Nach dem Auftauchen der Guillotine, mit der Hans und Sophie Scholl 1943 hingerichtet wurden, ist in München eine Diskussion über den Umgang mit dem Fund entbrannt. Eine mögliche Ausstellung des Tötungsinstruments erfordert Fingerspitzengefühl und Aufklärung.
Die aufgetauchte Guillotine, mit der nationalsozialiste Juristen die Geschwister Scholl 1943 haben hinrichten lassen, hat eine Debatte ausgelöst. Am Freitag war bekannt geworden, dass die Guillotine sich seit Jahrzehnten im Depot des Bayerischen Nationalmuseums in München befindet. Im Raum steht nun die Frage über den sensiblen Umgang mit dem tödlichen Instrument. Eine Ausstellung des Fallbeils sei nur denkbar, wenn zugleich der historische Kontext des nationalsozialistischen Staatsterrors sorgfältig dargestellt werde, sagte Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der Weiße Rose Stiftung. “Ja, man sollte das Mordinstrument sichtbar machen, aber in einem geeigneten Umfeld.”
Hans und Sophie Scholl gehörten neben Alexander Schmorell, Kurt Huber, Willi Graf und Christoph Probst zur Widerstandsgruppe “Weiße Rose”. Die Geschwister Scholl und Probst waren am 22. Februar 1943 in der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim hingerichtet worden. Mit Flugblättern hatten sie friedlich gegen das Terrorregime der Nationalsozialisten protestiert. …
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Streit um NS-FundstückGehört eine Nazi-Guillotine ins Museum?, Die Zeit online, 06.02.2014
“Es lebe die Freiheit”, sagte Hans Scholl Minuten vor seiner Hinrichtung durch die Nazis. 25 Jahre war er alt, Medizinstudent, zum Tode verurteilt vom Volksgerichtshof.
…Scharfrichter Reichhart tötete gerne so
Die Guillotine ist mehr als zwei Meter hoch, mehrere Zentner schwer und weist einige Besonderheiten auf. So fehlt ihr das Klappbrett, auf dem die Delinquenten üblicherweise festgeschnallt wurden, bevor man sie unters Messer legte. Diese Besonderheit deutet daraufhin, dass es sich um die Apparatur handelt, mit der der Münchner Henker Johann Reichhart sein, wie man sagt, blutiges Handwerk verrichtete.
Er wollte die Prozedur verkürzen, zum Wohle der Todgeweihten. Deshalb wurden die Opfer der Hinrichtungen nicht aufs Brett geschnallt, sondern von zwei Männern gepackt und unter die Klinge geschoben. Statt einiger Minuten dauerte das nur Sekunden, wie sich Scharfrichter Reichhart, der selbsternannte Menschenfreund, rühmte. …
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„Ich tät’s nie wieder“, Scharfrichter Reichart ist gegen die Todesstrafe, zeitonline, 30.10.1964
…Den Adenauer kann ich nicht begreifen. Ich tät’s nie wieder.“ Mit diesen Worten reagiert der letzte aus dem Geschlecht der bayerischen Scharfrichter auf die Forderung des Altbundeskanzlers nach Wiedereinführung der Todesstrafe. In der Familie Reichart war der Posten des Scharfrichters seit über 150 Jahren Tradition. Johann Reichart blickt auf eine Zahl von Exekutionen zurück, die wohl einmalig genannt werden kann – Hinrichtungen, die „legal“, unter Mitwirkung und Überwachung durch die Justiz, vor sich gegangen sind, was angesichts der unweit zurückliegenden Vergangenheit registriert werden muß. Nach 3010 Exekutionen und mit 71 Jahren ist Johann Reichart heute ein Gegner der Todesstrafe. …