Affäre um Datenhandel: „Justiz verliert Vertrauen”, Die Presse.com, 08.10.2013
In Wien begann das Strafverfahren gegen 13 Justizbedienstete, die Personaldaten aus Exekutionsverfahren an eine Datenfirma verkauft hatten. Die Angeklagten sagen, sie hätten (anfangs) gedacht, das sei erlaubt.
Wien. Wenn Harald Ofner sagt, er kenne die Justiz „relativ gut”, darf man ihm das glauben. Seit Jahrzehnten ist er, wie er selbst kokett meint, „ein kleiner Ottakringer Anwalt”, zwischenzeitig, in den 1980er-Jahren, war er FPÖ-Justizminister. Mittlerweile ist Ofner 81 Jahre alt, derzeit verteidigt er eine suspendierte Kanzleikraft eines steirischen Bezirksgerichts. Die 54-Jährige – „bald zweifache Großmutter” (Zitat Ofner) – hat Daten aus Exekutionsverfahren an eine Datenfirma verkauft und dafür zirka 9200 Euro kassiert.
Dieses Beispiel zeigt, wie jene Affäre aufgebaut ist, die nun 13 – nur zum Teil suspendierte – Justizbedienstete vor Gericht zu verantworten haben. Allesamt verkauften Daten an eine Auskunftei. Diese wiederum verkaufte das Material zuerst an Mobilfunk-Gesellschaften, später an eine andere, auf Bonitätsauskünfte spezialisierte Datenfirma weiter. Daten, die laut Anklage von den Beamten nie hätten verkauft werden dürfen. Denn: Wer ohne dienstliche Notwendigkeit Registerabfragen vornehme und dann die Ergebnisse verkaufe, begehe Amtsmissbrauch. So wie eben auch die steirische Kanzleikraft.
…Jedenfalls war der Datendeal für beide Seiten ein gutes Geschäft: Die Justizvertreter geben die Datenweitergabe zu, wollen aber nicht gewusst haben, dass dies strafbar ist; Daten über Exekutionen könne man auch im Internet abrufen, hieß es. Insgesamt erhielten die Angeklagten etwa 260.000 Euro für ihre Dienste. Der Empfänger soll durch den Weiterverkauf 2,3 Millionen Euro netto verdient haben. Schätzungsweise sind 200.000 Menschen von den zwischen 2002 und 2010 (Anklagezeitraum) laufenden Deals betroffen. …
…Sein Rechtsvertreter sprach gar von einer möglichen kriminellen Organisation. Heute, Mittwoch, wird weiterverhandelt.