Justizkritik bestraft – Urteil in Kirchhain, 30.11.2008

Justizkritik bestraft – Urteil in Kirchhain, 30.11.2008
Justizkritik
ist in politischen Bewegungen (leider) sehr selten. RichterInnen genießen hohes Ansehen und Rechtshilfegruppen empfehlen, sich ihren Regeln widerspruchslos zu unterwerfen. Dabei sind die formalen Abläufe und politischen Kungeleien in Gerichtssälen an Ekligkeit kaum zu übertreffen. Das färbt auf die dort handelnden Personen ab, die nach 10, 20 oder mehr Jahren uneingeschränkter Macht auf dem RichterInnenstuhl, erhöhten Sitzpositionen (Blick von oben herab) und fließbandmäßigen Verbreitens sozialer Schrecken grausamer Art (Freiheitsberaubung, soziale Isolation, Zerstörung bestehender Beziehungen zwischen Menschen, Nötigung und Aussageerpressung durch Androhung hoher Strafen …) zu arroganten, machtverwöhnten Charakteren heranreifen.
Jede Restspur von Freundlichkeit ist nichts als Gnade gegenüber reumütigen, unterwürfigen Angeklagten – und damit auch eine Ausdrucksform von uneingeschränkter Macht. Gnade ist Herrschaftsausübung, sie beinhaltet die Aussage, dass die begnadigte Person vollständig in der Hand des Gnadegebers ist.
Wer nun zu den wenigen Menschen in diesem Land gehört, die Justiz systematisch zu kritisieren, kann die narzißtischen Charaktere zum Handeln reizen. Dafür gibt es viele Handlungsmöglichkeiten. Eine – für die RichterInnen selbst eher anstrengende und daher nur dann gewählt, wenn anderes nicht mehr hilft – Methode ist, die Justizkritik als Beleidigung oder falsche Verdächtigung auszulegen. Genau dieses ist in Marburg mit dem langjährigen Justizkritiker Ulrich Brosa geschehen. Der Prozess am 25.11.2008 ist dabei nur ein vorläufiger Höhepunkt und auch nicht der Abschluss des traurigen Machtspiels. Schon der Weg zum Prozess ist mit absurdesten Konstrukten von Straftaten gepflastert.

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