Leserbrief in DER SPIEGEL, 25/1981 von Richter Frank Fasel: Wer das Justizsystem kritisiert kommt nicht nach oben

“Der Verfassungsrichter Hirsch irrt: Selbst in der nur mild konservativen Stuttgarter Justiz teilt die sogenannte schweigende Mehrheit die Meinung des Richterbundes (gelegentlich — ganz und gar unberechtigt — “Beförderungsverein auf Gegenseitigkeit” genannt), denn die Mehrheit ist Mitglied dieses Vereins, der sich als Über-Ich S.12 der Justiz und als Oberaufpasser gegenüber Justizkritikern geriert. Daß Herr Hirsch bei Justizoberen besonders aneckt, kann nicht verwundern; jene sind auch das Produkt einer Verhaltensweise-Auslese: Wer das System kritisiert, kommt aus Tradition nicht nach oben.
Nicht gefolgt werden kann Herrn Hirsch, wenn er vorgibt, das synchrone Walten und Schalten der fünf Nürnberger Richter sei ihm ein Geheimnis. Herr Hirsch kennt die Gründe. Ich stelle fest, daß nicht einmal ein Verfassungsrichter gewisse Dinge beim Namen nennen will. Was bemäkelt er aber dann das Schweigen der “kleineren” Richter? Er sagt doch selbst, daß in der Justiz kritische Meinungsäußerungen mit Sanktionen geahndet werden.
Im übrigen liegt er gleichermaßen außerhalb des Justiz-Komments wie mit seinen Ansichten richtig. Doch es bringt nichts. Die Justiz ist nicht bewegbar!”

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