Lichtbildauswertung – Häufiger Justizfehler, 06. Juni 2012
Oft wird beim Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder eines Rotlichtverstoßes die Täterschaft bestritten. Wenn außer dem Lichtbild keine weiteren Beweismittel vorliegen, muss der Richter beim Amtsgericht persönlich feststellen, ob das Lichtbild zum einen für die Identifizierung überhaupt geeignet ist und ob es sich bei der abgebildeten Person tatsächlich um den Beschuldigten handelt. Insoweit kommt es alleine auf das richterliche Ermessen an – Rechtsmittel hiergegen sind meist aussichtslos.
Dennoch gibt es für den erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht einen entscheidenden Ansatzpunkt für die Verteidigung: Denn der Richter muss im Urteil „ordnungsgemäß“ Bezug auf das Lichtbild nehmen. Erfahrungsgemäß passieren hier oft handwerkliche Fehler und bieten den Angriffspunkt für den Fachanwalt für Verkehrsrecht.
Entscheidend ist nämlich, dass das Lichtbild inhaltlich zum Gegenstand des Urteils gemacht wird, es also zum Bestandteil der Urteilsgründe wird. Obwohl diese Anforderung bei den Richtern bekannt sein müsste, kommt es hier in der Praxis immer wieder zu Fehlern. Nicht ausreichend ist zum Beispiel der bloße aber häufige Hinweis auf die „in der Akte befindlichen“ Lichtbilder. Ebenfalls genügt die bloße Mitteilung der Fundstelle in der Akte nicht. Hier lohnt die Beschwerde. Die Folge ist, dass der Richter dann durch eine sehr ausführliche und präzise Beschreibung der Bildqualität und vieler charakteristischer ldentifizierungsmerkmale der abgebildeten Person der nächsten Instanz eine Prüfung ermöglichen muss, die einer Betrachtung des Fotos gleich kommt! Dies ist sehr aufwendig. Ein erhöhter Begründungsaufwand, der in der Praxis häufig von Amtsrichtern gar nicht erbracht wird, führt nach meiner Erfahrung nicht selten zur Aufhebung!
Fazit: Wer Geld für Anwälte aufbringen kann, kann sich in einer Lotterie eher wegen juristischer Fehler freikaufen.