Oldenburg: Staatsanwalt rechtfertigt Schlagen von Kindern, NDR-Niedersachsen, 22.10.2020
Kleine Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen. Und ein Klaps auf den Po hat noch keinem Kind geschadet. Solche Sprüche kursieren immer noch. Dabei ist es in Deutschland bereits seit 20 Jahren offiziell verboten, seine Kinder zu schlagen. Dennoch hat sich ein Staatsanwalt aus Oldenburg in einem Berufungsprozess gegen einen Mann aus Friesoythe, der jahrelang seine Kinder geschlagen hatte, dafür ausgesprochen, den Vater nur milde zu bestrafen.
In dem Verfahren vor dem Landgericht hatte der Staatsanwalt unter anderem aus der Bibel die Worte “Wer sein Kind liebt, der züchtige es” zitiert. Außerdem sagte er, es sei noch gar nicht so lange her, dass das Schlagen der eigenen Kinder erlaubt gewesen sei. In anderen Ländern sei das Züchtigen noch heute an der Tagesordnung. Auch laut Papst Franziskus sei es in Ordnung, wenn man seine Kinder “würdevoll” schlage, so der Staatsanwalt.
…Seine älteste Tochter hatte ihn angezeigt, nachdem er wieder einmal auf ihre jüngeren Geschwister losgegangen war. Sie habe Schreie gehört und gesehen, dass ihr Vater mit einem Gürtel in der Hand aus dem Kinderzimmer kam, sagte sie. Auch sie selbst sei in ihrer Kindheit vom Vater geschlagen worden.
Wie schlage ich ein Kind würdevoll? Ich kann mir nicht vorstellen wie das gehen soll. Dennoch kann es sein, dass ein Elternteil die Nerven verliert. Wenn ein Kind trotz mehrfacher Ermahnung immer wieder gefährlich handelt. Wenn es sich immer wieder losreißt und auf die Straße läuft. Wenn es dem heißen Herd nicht fernbleibt und man fürchtet, es könnte sich verbrennen. Wenn ein Elternteil während Trotzphasen oder Pubertät die Nerven verliert und die Hand ausrutscht. Dann sollte man nicht strafen sondern den Eltern andere Wege der Konfliktbewältigung aufzeigen. Anders ist es wenn geprügelt wird. Dort ist Strafe gerechtfertigt. Im Wiederholungsfall muss mit dem Kind und den Eltern zusammen nach Lösungen gesucht werden. Wie kann die Situation entspannt werden oder muss das Kind eine Zeit lang herausgenommen werden.Das kann aber auch im Rahmen einer Kur oder eines Ferienaufenthaltes bei gleichzeitiger Schulung der Eltern sein. Einem Kind die Familie zu nehmendarf nur die letzte Option sein und niemals gegen den Willen der Kinder.