Leipziger Staatsanwälte ließen sich bei Ermittlungen gegen Ex-Vorstände der Sachsen LB von einer Großkanzlei helfen – die Verteidiger halten das für unzulässig.
Was für Ermittlungen: Fünf Jahre und fünf Monate lang jagte die eher beschauliche Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Leipzig ehemalige Vorstände der Sächsischen Landesbank. Zog Ermittler des Bundeskriminalamts hinzu, durchsuchte an 28 Orten, sichtete 1000 Terabyte digitale Daten, wertete 6000 Aktenordner mit Geschäftsunterlagen aus, befragte 150 Zeugen im In- und Ausland.
Am Ende produzierten die Ermittler 900 Ordner mit Straf- und Beiakten und eine gewaltige 600-Seiten-Anklage – die Ankläger im NSU-Verfahren mit zehn Mordopfern kamen mit 500 Seiten aus.
Man hat sich also viel Mühe gegeben, um vier Ex-Vorständen der 2007 notverkauften Bank Untreue und unrichtige Darstellung von Bilanzen mit einem verursachten Schaden im dreistelligen Millionenbereich vorzuwerfen.
Diese Anstrengung sei völlig vergebens gewesen, behaupten die Verteidiger der angeklagten Banker. Sie monieren, dass die Leipziger ihre Anklage auf umfangreiche Vorarbeiten der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer stützen. Die Staatsanwaltschaft habe “ihre Arbeit in einem Umfang auf eine Rechtsanwaltskanzlei delegiert”, der sich “als singulär in der deutschen Rechtsgeschichte” darstelle, schreiben die Anwälte in einer Stellungnahme.
Eine Anklage, die indirekt aus der Feder einer Anwaltskanzlei stammt, das wäre tatsächlich ein Novum. Aber ist der Vorgang auch rechtswidrig?
Es ist nicht das erste Mal, dass Kanzleien Kernaufgaben des Staates übernehmen. Wenn Zusammenhänge so komplex sind, dass die Staatsdiener sie nicht mehr überblicken, ist diese Art von Beratung nicht unüblich. So wurden Gesetzentwürfe, etwa für den Finanzsektor, von Experten in Kanzleien formuliert. Man kann das als Kapitulation des Staates vor der Wirtschaft sehen. Aber auch als den Versuch einer Behörde, Waffengleichheit herzustellen, indem sie sich wie ihre Gegner der teuersten und besten Fachleute bedient. …