Staatsanwalt wirft Ex-Anwalt aus Ahrensburg Betrug vor, Hamburger Abendblatt, 23.03.2006

Staatsanwalt wirft Ex-Anwalt aus Ahrensburg Betrug vor, Hamburger Abendblatt, 23.03.2006
Der hochverschuldete Angeklagte soll sich Geld geliehen haben, um seine Zulassung zu retten, und zahlte es nicht zurück.
Er war einer der bekanntesten Anwälte in Ahrensburg. Seit gestern muß sich der 61jährige selbst vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem Juristen Betrug und Untreue zur Last. Es ist der vierte Versuch, die Vorwürfe zu verhandeln: Ein Prozeß im Frühjahr 2004 wurde abgebrochen, die erste Anklage um die zweite ergänzt. Ein Jahr später mußte das Verfahren erneut vorzeitig beendet werden, weil der Anwalt wenige Tage vor der Urteilsverkündung ins Krankenhaus mußte. In diesem Januar bescheinigte ein Arzt dem 61jährigen Verhandlungsunfähigkeit.
Saal 1 des Gerichtsgebäudes an der Königstraße. Diesmal ist der Angeklagte gekommen. Im hellgrauen Anzug, unter dessen Jackett er einen dunklen Baumwollpullover trägt, sitzt er auf der Anklagebank und hört sich aufs Neue an, worum es geht. Sehr souverän wirkt er dabei. Den Routinier bringt scheinbar nichts mehr aus der Fassung.
Umgerechnet gut 100 000 Euro hatte sich der Jurist im Sommer 1998 von einer guten Freundin geliehen, für maximal ein halbes Jahr. Auf das Geld aber wartet die Frau bis heute. Das ist weitestgehend unstrittig. Doch Strafrichter Friedrich Kies (37) muß nun klären, ob der Jurist sich die Summe unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geborgt hat, ob er es sonst vielleicht nicht bekommen hätte. Nur dann nämlich liegt jene “Täuschung” vor, mit der das Strafgesetzbuch den Tatbestand des Betrugs definiert.
Der zweite Vorwurf, jener der Untreue, soll erst in der kommenden Woche auf den Tisch kommen. Auch hier geht es um gut 100 000 Euro. Die soll der Jurist auf einem Anderkonto geparkt und zu früh an einen Geschäftspartner ausgezahlt haben.
Gemessen am früheren Lebensstil des Mannes sind solche Summen Peanuts. Denn der Anwalt und Notar jonglierte beruflich wie privat mit Millionen und berichtete auch gern von seinem Reichtum. “Er hat uns immer erzählt, daß er 30 Eigentumswohnungen besitzt, ein Haus an der Bellevue in Hamburg, eine Wohnung auf Mallorca und das Geschäftshaus an der Königstraße in Ahrensburg”, sagt Monika S. (63, Name geändert), Geschädigte und Hauptbelastungszeugin im ersten Fall. Ihr Mann und die Frau des Angeklagten kennen sich seit Jahrzehnten, waren berufliche Weggefährten in der Hamburger Presselandschaft.
Ob Monika S. auch wußte, wie es um des Juristen Vermögen wirklich bestellt war? Auf den Immobilien lasteten Schulden in Höhe von rund 2,55 Millionen Euro. Eine Nachforderung des Finanzamts in Höhe von zusätzlichen gut 350 000 Euro drohte dem Anwalt und Notar finanziell das Genick zu brechen. Damit nicht genug: Die Finanzbehörde rief das Justizministerium auf den Plan. Und so kam es, daß der Anwalt und Notar im Juni 1998 “wegen Vermögensverfalls” seine Zulassungen einbüßte.

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