Das Vergehen, welches der Rentnerin vorgeworfen wurde, war denkbar unbedeutend: Sie war im vorvergangenen Sommer beim Schwarzfahren in der S-Bahn erwischt worden. Laut Anklageschrift ist der Bahn dadurch ein Fahrpreis von 3,30 Euro entgangen. Für diesen doch recht geringen Schaden muss die 66-Jährige nun aber sehr harte Folgen tragen: Amtsrichterin Vera Hörauf verurteilte sie zu zwei Monaten Haft und das ohne Bewährung.
Die Angeklagte hatte ausgesagt, sie sei auf dem Rückweg von einem Arzttermin und etwas durcheinander gewesen. Darum habe sie einfach nur vergessen, eine Fahrkarte zu kaufen. Bei der Hinfahrt hätte sie aber eine gehabt, versicherte die 66-Jährige. Auch das “erhöhte Beförderungsentgelt”, also die 60 Euro, welche die Bahn von Schwarzfahrern kassiert, habe sie beglichen.
Dass ihr das am Ende wenig genützt hat, lag vor allem daran, dass die Rentnerin bei Gericht keine Unbekannte ist. In den vergangenen 20 Jahren hat sie elf Vorstrafen angesammelt, bis auf einen Fall von Meineid haben alle mit Eigentumsdelikten zu tun, etwa Untreue und Diebstahl. Wegen letzterem sind für die Angeklagte auch noch zwei Bewährungen offen. Besonders oft hat sich die 66-Jährige aber beim “Erschleichen von Leistungen”, wie Schwarzfahren in der Sprache der Juristen heißt, erwischen lassen. Insgesamt viermal ist sie deswegen verurteilt, jedes Mal für eine ganze Reihe von einzelnen Schwarzfahrten. …
…Was einen durchaus ernsten Hintergrund hat, die Angeklagte leidet nachgewiesenermaßen unter psychischen Problemen. Von Depressionen war in der Verhandlung die Rede, auch Angststörungen treten offenbar auf. Wegen dieser habe sie in der Tat kaum noch Kontakt zu irgendwem, so die Angeklagte.
…Die Vorsitzende folgte aber größtenteils dem Antrag der Staatsanwältin, auch wenn die Strafe einen Monat kürzer ausfiel. “Wir hören lauter Ausreden, warum die Therapie nicht geklappt hat, genau wie bei den letzten Malen – da fällt mir nichts mehr ein.”