Bei Spruchkörpern, die aus mehr als einem Richter bestehen ist grundsätzlich niemals Rechtsbeugung möglich, Kollegialrichter können straflos Recht beugen, 28.04.2009
Zulassung der Anklage wegen Rechtsbeugung gegen die Richter eines Familiensenats am Oberlandesgericht Naumburg endgültig abgelehnt.
Der Nachweis einer Rechtsbeugung könne im vorliegenden Fall jedenfalls aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden.
Die Verurteilung eines Richters wegen Rechtsbeugung aufgrund der Entscheidung eines Kollegialgerichts setze die Feststellung voraus, dass er für die von ihm als Unrecht erkannte, das Recht beugende Entscheidung gestimmt habe.
Nach § 196 Abs.1 GVG entscheide das Gericht mit der absoluten Mehrheit der Stimmen. Ein überstimmter Richter mache sich durch seine Mitwirkung am weiteren Verfahren weder als Mittäter noch als Gehilfe strafbar.
Für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung sei daher für jedes einzelne Mitglied eines Spruchkörpers der Nachweis erforderlich, dass es für die Entscheidung gestimmt habe.
Dieser Nachweis lasse sich mit den in Betracht kommenden Beweismitteln in der Hauptverhandlung nicht führen. Die Angeschuldigten hätten sich hierzu nicht geäußert. Auch aus sonstigen Indizien und Umständen lasse sich nicht auf eine Täterschaft aller oder einzelner Angeschuldigter schließen. Angesichts dessen sei die Eröffnung eines Hauptverfahrens abzulehnen. Gegen die Entscheidung des 1. Strafsenats ist kein Rechtsmittel mehr gegeben.
Die Abstimmung der Richter erfolgt geheim und unterliegt der richterlichen Schweigepflicht und somit kann niemand wissen wer der drei Richter für oder gegen eine Entscheidung gestimmt hat. Wenn jeder Richter behauptet, dass er anders gestimmt habe, dann ist niemals eine Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung gegeben auch wenn das Ergebnis eindeutig eine Rechtsbeugung darstellt. Dass also 3 Richter über ein Verfahren abstimmen dient letztlich in der Praxis nicht dem Bürgerschutz, sondern dem Richterschutz um sich jedwede Rechtsbeugung erlauben zu können.
betrift justiz, Christoph Strecker (Stuttgart) …Dieses “Rechtsbeugungsprivileg” nannte jetzt ein ehemaliger Richter einen Skandal.
Diese “strukturelle Straflosigkeit” eines Kollegialgerichts nennt Strecker in seinem Aufsatz eine “Katastrophe für den Rechtsstaat”. Denn nur Einzelrichter müssten nach der Logik der OLG-Entscheidung für Rechtsbeugung einstehen, da bei ihnen die Verantwortlichkeit feststehe.
Strecker führt aus, dass auch überstimmte Mitglieder eines Spruchkörpers für das von ihnen unterschriebene Urteil verantwortlich sind. Außerdem stellt er in Frage, dass das Beratungsgeheimnis auch das Abstimmungsergebnis umfasst. Für die Zukunft fordert der Jurist, dass überstimmte Richter ihren Widerspruch dokumentieren können.
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