Das Bundesverfassungsgericht schlägt zu – gegen den Beschwerdeführer selbst, mit 200 Euro sanft, aber unterhalb der Gürtellinie

2 BvR 1783/09 Missbrauchsgebühr nach § 34 BVerfGG:
„Nach der Bundespräsidentenwahl im Mai 2009 hatte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Aufhebung der Wahl des Bundespräsidenten begehrte. An der Wahl hätten Mitglieder der Bundesregierung sowie der Landesregierungen und damit Angehörige der Exekutive teilgenommen; dies verstoße gegen das Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzip.
Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (besetzt mit den Richtern Voßkuhle Mellinghoff Lübbe-Wolff) hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und dem Beschwerdeführer eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 200 Euro auferlegt.
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, weil der Beschwerdeführer ersichtlich nicht beschwerdebefugt ist. Die Verfassungsbeschwerde dient dem Schutz der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte; sie ist offenkundig kein Instrument, mit dem Vorgänge im Bereich der Staatsorganisation allgemein auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden könnten. …
Zu tun haben wir es bei der Missbrauchsgebühr nach § 34 BVerfGG technisch mit einer Art von Strafgebühr, die das Bundesverfassungsgericht willkürlich ohne Anfechtungsmöglichkeit einfach so mal auferlegen darf. Nicht überprüfbar, ohne Rechtsmittelinstanz. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Keine richtige Strafe, keine richtige Gebühr. Kein rechtliches Gehör, kein Kläger, kein Staatsanwalt. Im Falle der “beleidigenden Äußerungen” hätten wir auch so eine Art Kombination mit einer kleinen Zensur der Meinungsäußerung.
Übersehen wird bei der Argumentation des Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit, daß – trotz anderweiter Beteuerungen – nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann und sollte, und die Hoffnung noch besteht, dass auch das Bundesverfassungsgericht etwas dazu lernen könnte. Nähmen wir z.B. das berühmt/ berüchtigte Ermächtigungsgesetz Adolf Hitlers, in dem dem Parlament zentral alle Macht zugunsten der Exekutive entzogen wurde. Dort haben wir es auch mit einem „Vorgang im Bereich der Staatsorganisation“ zu tun. Damit hätte dagegen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der individuelle Beschwerdeführer nicht nur keine Chance der Anfechtung, sondern er/ sie bekommt auch noch gleich eins noch obendrein draufgebrummt. Die Diffamierung als „Querulant“ erfolgte bereits in anderen Beiträgen. Klasse, wir gratulieren.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich damit zugleich eines Teils einer der wichtigsten eigenen Aufgaben entledigt, nämlich dafür Sorge zu tragen, daß eine künftige Diktatur verhindert wird.
Auf welchem anderen Wege, als über die Individualbeschwerde, gedenkt das Bundesverfassungsgericht, ein zukünftiges Ermächtigungsgesetz zu verhindern?
Die (abstrakte) Normenkontrolle wäre so ebenso “offensichtlich” unzulässig mangels Beschwerdebefugnis.
Verbleiben noch die vorgesehenen Anfechtungsmöglichkeiten solch eines Gesetzes durch die Parlamentarier selbst.
Wir haben schliesslich eine “Demokratur” (bzw. Parteiendiktatur, wie manche das auch nennen).
Demokratie steht nicht dem Bürger zu, sondern wird für den – dafür für unmündig befundenen – Bürger durch Auserwählte ausgeübt. Was täten wir Deutschen nicht ohne staatliche angeordnete Bevormundung. …

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