Die Rückkehr des "furchtbaren Juristen" Filbinger bei der CDU, spiegel online 19.05.2004

Die Rückkehr des “furchtbaren Juristen” Filbinger bei der CDU, spiegel online 19.05.2004
Hans Filbinger trat 1978 als Ministerpräsident von Baden-Württemberg zurück, weil er als Marinerichter in der Nazi-Zeit noch gegen Kriegsende Deserteure zum Tode verurteilt haben soll. Jetzt kehrt der 90-Jährige zurück auf das höchste politische Parkett. Die CDU schickt ihn als ältesten Wahlmann in die Bundesversammlung.
… Ungeschickt und uneinsichtig stellte er sich damals bei seiner Verteidigung gegen den Vorwurf des “furchtbaren Juristen” an, den der Schriftsteller Rolf Hochhuth öffentlich gemacht hatte. Filbinger habe, so hielt ihm Hochhuth vor, noch wenige Tage vor Kriegsende als Marinerichter an Todesurteilen gegen Wehrmachtsdeserteure mitgewirkt. Filbinger wollte sich damals erst nicht erinnern können, später versuchte er seine Todesurteile zu rechtfertigen mit dem berühmt gewordenen Satz, was damals rechtens gewesen sei, könne heute nicht Unrecht sein.
Rolf Hochhuth will es schlicht nicht glauben, dass Filbinger nun aufs höchste politische Parkett zurückkehrt. “Ich habe das für ein Latrinengerücht gehalten”, sagt er SPIEGEL ONLINE. “Das ist furchtbar, entsetzlich und völlig taktlos.” Der Vorgang beschädige auch die Würde des Bundespräsidenten, sagt Hochhuth. “Wir schaden uns selbst und unserem Ansehen im Ausland, wenn wir das zulassen”. Es sei an der Zeit, “die Wahl des Bundespräsidenten nicht mehr der Parteienoligarchie zu überlassen, sondern direkt dem Volk.”

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