Raffkes mit Robe, Richter kassieren gern und kräftig nebenbei ab, Der Spiegel 48/1996

Raffkes mit Robe, Richter kassieren gern und kräftig nebenbei ab, Der Spiegel 48/1996
Flächendeckend”, schrieb der Frankfurter Unternehmer Willi Göbel dem Petitionsausschuß des Bundestages, würden vor allem hessische Richter mit Aufträgen für Rechtsgutachten und anderen Nebentätigkeiten “versorgt”. Banken, Industrie und große Anwaltskanzleien würden sie damit korrumpieren. Göbel schlug vor, per Gesetz die Richter zu verpflichten, alle Nebentätigkeiten in einem Handbuch zu veröffentlichen.
Die Petition, antwortete der Ausschußvorsitzende Gero Pfennig im Juli 1993, sei an die Bundesregierung weitergeleitet worden. Die solle dafür sorgen, daß richterliche Nebentätigkeiten “nur noch äußerst restriktiv genehmigt werden dürfen” und auch “bei berechtigtem Interesse den Prozeßparteien offenbart werden”.
Den erwünschten gläsernen Richter gibt es bis heute nicht – dafür aber ein Musterexemplar eines Raffkes in Robe. Horst Henrichs, 60, Präsident des hessischen Staatsgerichtshofs und des Frankfurter Oberlandesgerichts, wurde in der vergangenen Woche dabei erwischt, daß er von der IG Metall 1,342 Millionen Mark Honorar für einen Gutachter-Job kassiert hatte.
Das fehlende Schuldgefühl wurzelt in der Tradition der Juristen, Nebenerwerbsstellen zu haben. In vielen Unternehmen, vor allem aber in Banken, sind die Hüter der Rechtspflege auch noch als Treuhänder aktiv. Der Würzburger Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger ist überzeugt: “In Frankfurt halten sich fast alle Hypothekenbanken Richter.” Nach Ansicht des Wissenschaftlers ein “unglaublicher Skandal”.
…Aber auch das schützt vor Raffkes nicht. Im vergangenen Jahr klagte der Präsident des Kölner Oberlandesgerichts, Heinz-Dieter Laum, gegen den Justizminister des Landes, nachdem Laum einen Konflikt zwischen der Firma Thyssen und den Stadtwerken Duisburg (Streitwert: 130 Millionen Mark) geschlichtet hatte. Das Land verlangte vom Richter, rund 370 000 Mark des 770 000-Mark-Gesamthonorars an den Staat abzuführen.
…Der Unternehmer hatte schon 1992 empört darauf hingewiesen, daß Henrichs und Fritz Traub, damals Vorsitzender Richter des 6. Zivilsenats am Oberlandesgericht Frankfurt, nebenbei als Treuhänder der Frankfurter Hypothekenbank dienen. … Ober-Ober-Richter schröpft Arbeiter gleich doppelt

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