Europas neuer Internetfilter von Richard Meusers von Wissmann, chip 08/2018 Seite 8
Im EU-Parlament hat der Rechtsausschuss für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht gestimmt. Wem das nützt, ist unklar, doch sie sind eine Gefahr für die Meinungsfreiheit
… Stattdessen treibt die zuständige Verwertungsgesellschaft VG Media die Gelder bei kleinen Firmen und Start-ups ein – oder versucht es zumindest. 2017 hat sie für die Verlage sage und schreibe 30.000 EUR eingenommen, musste dabei für die Rechtsdurchsetzung aber mehr als 2,25 Mio. Euro aufwenden. Für jeden eingenommenen Euro wurden also 75 Euro ausgegeben. Offensichtlich lohnt sich das LSR, wenn auch nicht für die Verlage, dann sicher für Anwälte.
…Und noch etwas bringt die Piratin auf die Palme: Die Klärung, welche Inhalte überhaupt urheberrechtlich geschützt sind, unterliegt nach den neuen Plänen nicht mehr dem Richtervorbehalt. Die Entscheidung über Legalität oder Illegalität sollen nach Artikel 13 Algorithmen treffen. Online-Plattformen würden ab einer bestimmten Größe verpflichtet, jeden hochgeladenen Inhalt auf seine urheberrechtliche Unbedenklichkeit zu überprüfen. Dieser Upload-Filter arbeitet mit einer Art schwarzer Liste, mit der die Prüfinhalte abgeglichen werden. Das hätte eine detaillierte Totalüberwachung sämtlicher Beiträge etwa auf Facebook oder Twitter zur Folge.
…Neben der rechtlichen Fragwürdigkeit ist zudem zweifelhaft, ob der Zensurfilter überhaupt funktionieren würde. Wie absurd derartige Datenreusen arbeiten, zeigt etwa die Löschpraxis bei Facebook (siehe dazu „Kopflos und kindisch” in CHIP 07/2018).
…Die Gegner eint indes die Sorge vor Missbrauch. Denn das geplante EU-Urheberrecht bestraft zwar jeden, der Urheberrechtsverlet- zungen nicht unterbindet. Der Missbrauch wird jedoch nicht geahndet. Jeder kann für jeden beliebigen Inhalt Urheberrechte beanspruchen, die Klärung obliegt dem schon erwähnten Algorithmus.